Neuerwerbungen 1970: Graphik. Eine Auswahl aus den reichen Neuerwerbungen des Jahres 1970. Ausschließlich Graphik, insbesondere der 50er und 60er Jahre, aus Deutschland, Italien, Frankreich, Niederlande, England, Schweiz, USA
Neuerwerbungen 1970: Graphik, Eine Auswahl aus den reichen Neuerwerbungen des Jahres 1970, Ausschließlich Graphik, Insbesondere der 50er und 60er Jahre, aus Deutschland, Italien, Frankreich, Niederlande, England, Schweiz, USA, 20.12. – 24.1.1971
Rekonstruktion und Text: Susanne Rennert
Die Ausstellung Neuerwerbungen 1970: Graphik wird – nicht zuletzt aufgrund eines Mangels an Dokumenten im Archiv des Museums Abteiberg – anhand von zwei Zeitungsrezensionen vergegenwärtigt. Beide erschienen in der Westdeutschen Zeitung. Im Dezember 1970 schreibt Fritz Eisheuer in seinem Artikel „Neue Graphiken. Aus jüngstem Museumsbestand“:
„110 von insgesamt 180 graphischen Neuwerbungen, ausschließlich Druckgraphik, sind bis zum 24. Januar in einer Sonderausstellung im Mönchengladbacher Museum zu sehen. Die Arbeiten bedeutender Künstler der 50er und 60er Jahre, meist aus Privathand aus Sammlernachlaß erworben, passen sich, wie Museumsdirektor Dr. Cladders erklärte, ‚kontinuierlich an die bermerkenswerte expressionistische Graphiksammlung des Museums an‘. […] Die Skala variabler Ausdrucksbreite reicht, wie der Museumsdirektor meinte, „von den Altmeistern Zadkine, Marini, Moore, Max Ernst und Baumeister“ bis hin zu Max Bills Einfällen des ‚Nouveau Réalisme‘. Allein die vielfältigen Aussagen und Wandlungen tachistischer Ausdrucksformen sind bemerkenswert und bieten interessante Perspektiven. […] Vergleiche und harmonisierte Stilgruppierungen lassen sich ablesen. Ein Anschauungsunterricht im Museum lohnt sich. Er bietet zudem den Pädagogen reichlich Möglichkeit, Informationen über moderne Graphik zu geben.“1
Eine Woche später erscheint Wolfgang Stauch-von Quitzows Text „Rendezvous großer Namen. Grafik 70 in Mönchengladbach“, der in Form eines Rundgangs durch die Ausstellungsräume führt.
„Die Schau dokumentiert die Dramatik des Wechsels pausenlos aufeinanderfolgender Moden, vor allem im Tachismus der fünfziger Jahre. Er zeigt sich im unteren großen Saal lebendig und kontrapunktisch, dynamisch in der Farblithographie bei Sonderborg, Georges Mathieu oder Paul Jenkins und Robert Motherwell, Sam Francis ist mit einer Viergruppe hellfarbiger Arbeiten vertreten.
Im Bereich der Radierung ergehen sich Hann Trier und Emil Schumacher in wildbewegten Figurationen. Groß ist der Anteil berühmter Plastiker. Neben Lithographien aus den sechziger Jahren der Deutschen Otto Herbert Hajek und Bernhard Heiliger ist eine Radierung der Germaine Richier zu sehen. Aus der Mappe Europäische Graphik I von 1968 bietet sich u.a. von Henry Moore die Farblithographie ‚Acht zurückgelehnte Figuren mit architektonischem Hintergrund‘, in der das bekannte [Motiv] der Liegenden dieses berühmten Bildhauers abgewandelt wird. Die kubistischen Skulpturiers Henri Laurens, Alexander Archipenko und Ossip Zadkine bieten Einsicht in ihre lithographischen Studien, von Marino Marini ist das vertraute Reitermotiv in einer Farblithographie aus dem Jahre 1955 zu sehen. Lynn Chadwick, der englische Plastiker [korrekt: die englische Plastikerin] ist mit zwei Lithographien vertreten.
Im ersten Stock folgen dann die Altmeister Fritz Winter, Hans Hartung, Willi Baumeister, Max Ernst, eine der impulsiven Kleinradierungen von Wols. Bei den Konstruktivisten besticht Alberto Magnelli mit einer optisch wirksamen Farblithographie. Pierre Soulages wirft in zwei Radierungen wieder wuchtiges Balkenwerk aufs Papier. Serge Poliakoff macht mit drei herrlichen Blättern auf sich aufmerksam.
Vier Werken von Jean Dubuffet sind vier Arbeiten des Amsterdamer Lubertus J. Swaanswijk gen. Lucebert gegenübergestellt. Erzählerisch präsentiert sich Asger Jorn mit einem Farbholzschnitt von 1952. Charakteristisch für Graham Sutherland ist seine grätig-grüne ‚Insect‘-Lithographie aus der bereits erwähnten Europa-Mappe. Was die meisten zeitgenössischen Künstler in ihrer Malerei dokumentieren, setzen sie auch in ihren graphischen Arbeiten, vor allem in den farbigen Lithographien, fort. Sie sind in allen künstlerischen Medien unverwechselbar.“2