DIE AUSSTELLUNGEN
UND KASSETTENKATALOGE
DES STÄDTISCHEN MUSEUMS
MÖNCHENGLADBACH
1967–1978

Digitales Archivprojekt
initiiert von Susanne Rennert und Susanne Titz

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Hommage à Dame mit blauem Hut, Museumsfest

Hommage à Dame mit blauem Hut, Museumsfest Hommage à Dame mit blauem Hut, Museumsfest. 17.9.1971, Foto: Ruth Kaiser, Archiv Museum Abteiberg
Einladungskarte Hommage à Dame mit blauem Hut, Museumsfest, Vorderseite, 1971

Hommage à Dame mit blauem Hut, Museumsfest. 17.9.1971

Rekonstruktion und Text: Susanne Rennert 

Johannes Cladders initiierte insgesamt drei Museumsfeste im alten Städtischen Museum an der Bismarckstraße – 1970, 1971 und 1978. Jedes Mal traten der ausgesprochen aktive und einflussreiche Museumsverein Mönchengladbach sowie der Presseclub als Veranstalter auf. 

Jedes Fest war ein Ereignis, das durch die Verbindung von Glamour und Bodenständigkeit geprägt war. Stadtgesellschaft, lokale Politik und die – teils regionale, teils internationale – Künstlerschaft und Kunstprominenz kamen bei Bier und Schnittchen“ zusammen. Fester Bestandteil der umfangreich vorbereiteten Festprogramme war jedes Mal auch die Aktivierung des Publikums, das auf fluxushafte Weise zum eigenständigen schöpferischen Tun aufgefordert werden sollte. 

Sie können wieder malen“ heißt es auf der Einladungskarte des Museumsfests 1971. Dieses Fest trug den Titel Hommage à Dame mit blauem Hut“. Es war Alexej von Jawlenskys berühmtem expressionistischen Gemälde – Dame mit blauem Hut, 1912/13 – gewidmet, dem die kommende Ausstellung Splitter. Kleinere Sammlungsabteilungen aus dem Besitz des Museums (26.9. – 7.11.1971) einen eigenen didaktischen Raum widmete. 

"Hommage à Dame mit  blauem Hut" (Raum IX), Ausstellung Splitter, Museum Mönchengladbach 1971, Foto: Ruth Kaiser, Archiv Museum Abteiberg
"Hommage à Dame mit blauem Hut" (Raum IX), Ausstellung Splitter, Museum Mönchengladbach 1971, Foto: Ruth Kaiser, Archiv Museum Abteiberg
"Hommage à Dame mit blauem Hut" (Raum IX), Ausstellung Splitter, Museum Mönchengladbach 1971, Foto: Ruth Kaiser, Archiv Museum Abteiberg

Das Bild nimmt in der Sammlung des Museums eine besondere Stellung ein. Das relative kleine, auf Pappe gemalte Porträt war 1956 durch Cladders‘ Vorgänger Heinrich Dattenberg angekauft worden. Der Ankauf führte zu einem Eklat, der lokale Politik und Bürgerschaft polarisierte. Busso Diekamp – langjähriger Stadtdirektor und Kulturdezernent in Mönchengladbach – erinnert, dass gegen Dattenberg damals ein Disziplinarverfahren wegen des Vorwurfs der Verschwendung und Veruntreuung von öffentlichen Mitteln“1 im Raum stand. Doch das gute Auge des Museumsdirektors sollte Recht behalten. Bald danach entwickelte sich das Gemälde zu einer Attraktion, die internationale Resonanz erzeugte. Darauf nimmt die Einladungskarte des Museumsfests 1971 Bezug, auf der Dame mit blauem Hut als Das bekannteste Bild des Museums“, Das am häufigsten ausgeliehene Bild des Museums“ und Das am meisten reproduzierte Bild des Museums“ beschrieben wird.

Ferner findet sich auf der Einladungskarte ein bemerkenswerter Hinweis auf die – später berühmte – Kapelle“, die an diesem Abend im Museum spielte: Ralf Hütter (Orgel), Plato (Baß), Alfred K. (Perkussion) machen Musik.“ Es war die Düsseldorfer Elektromusikgruppe Kraftwerk, die hier in den eichenholzgetäfelten Räumen auftrat. Ralf Hütter und Florian Schneider hatten 1970 in Düsseldorf das Kling-Klang-Studio gegründet. Ob beim Museumsfest damals auch Florian Schneider spielte, lässt sich anhand der (wenigen vergleichsweise aussagelosen) Fotos im Archiv MAM nicht rekonstruieren. Doch wird an diesen – aus heutiger Sicht spektakulären – Auftritt in einem Artikel über Kraftwerk erinnert, der 2017 im ZEITMAGAZIN veröffentlicht wurde. Er beruhte unter anderem auf einem Gespräch mit Ralf Hütter. Hier heißt es auf S. 19

Wir hatten Glück. Wir haben in einer Zeit angefangen aufzutreten, seit 1968, als es noch große Freiheiten gab. Wir konnten fünf Stunden lang spielen, um uns auszuprobieren, ohne dass uns jemand Vorgaben gemacht hätte.“ Sie fuhren mit dem Auto quer durchs Ruhrgebiet, traten in Jazzkneipen und Museen auf, Leverkusen, Düsseldorf, Kunsthalle Köln, an internationale Konzerte war noch nicht zu denken. Der Direktor des Kunstmuseums Mönchengladbach, Johannes Cladders, kam auch aus Krefeld wie ich. Er hat uns ganz spontan verpflichtet: Da kommt ihr mal zu uns und spielt am nächsten Samstag zur Eröffnung der Joseph-Beuys-Ausstellung. Wir konnten da wirklich machen, was wir wollten! Ich hatte eine elektronische Rhythmusmaschine, und die Musik lief wie von selbst, dann haben wir langsam die Bühne verlassen, haben uns unters Publikum auf die Tanzfläche gemischt und einfach mitgetanzt. Das konnte man damals machen!“2

Anmerkung: Es handelte sich nicht um die Ausstellung BEUYS (1967), sondern um das Museumsfest Dame mit blauem Hut“ (1971). Dank an Johannes Cladders jun., der uns auf diese interessante Quelle aufmerksam machte.

Quellenangaben / Anmerkungen

Einladungskarte / Plakat / Druckerzeugnisse

Archiv Fotografien