Plakate IM Museum. Aus der Sammlung Koslowski Morsbach/Sieg



Plakate IM Museum. Aus der Sammlung Koslowski Morsbach/Sieg 20.1. –3.3.1968
EG/ Hochparterre, Treppenhaus und 1. OG
Rekonstruktion und Text: Susanne Rennert
Eröffnung der Ausstellung am Abend des 19. Januar zeitgleich mit dem Vortrag „Ist die Kunst am Ende?“ des Wiener Galeristen Monsignore Otto Mauer (Galerie Nächst St. Stephan, Wien). Im Treppenhaus und in allen Ausstellungsräumen Präsentation der ohne Rahmen direkt an die Wände gepinnten Plakate aus der nordrhein-westfälischen Privatsammlung Bernhard Koslowski. Gezeigt wurden Werbe‑, Film‑, Ausstellungs- und politische Plakate aus acht Ländern: VR China, DDR, Frankreich, Israel, Polen, Schweiz, UDSSR und USA.
Der WDR dokumentierte das ideologiefreie Nebeneinander der Werbeträger am 29.1.1968 in der Fernsehreportage Plakat-Ausstellung des Städtischen Museums Mönchengladbach aus der Sammlung Koslowski im Rahmen von Hierzulande – Heutzutage. Almanach der Woche (4:23 min.).
Mit der Ausstellung „Von der Librairie Romantique zum Stiller Schuh. Stationen der Anfänge des Plakats ausgewählt aus der Sammlung des Kaiser-Wilhelm-Museums Krefeld“ widmete sich Cladders im Jahr 1976 erneut dem Thema Plakat, nun mit einem Fokus auf dem künstlerisch gestalteten Bildplakat.1
Quellenangaben / Anmerkungen
Johannes Cladders, Text der Einladungskarte
diese ausstellung beginnt an den litfaßsäulen ausserhalb des museums und sie findet ihre fortsetzung wieder auf der straße.
daß sie bereits außerhalb des museums begonnen hat, ist dem eintretenden besucher vielleicht nicht bewußt. ihre absicht hätte sie jedoch erreicht, wenn er nach dem verlassen des museums merkt, daß sie sich draußen fortsetzt.
die ausstellung will lediglich ein knotenpunkt sein, eine verdichtung. daher ihr titel: plakate IM museum. plakate sind eigentlich für die straße gedacht. das museum ist aber – weil ausdrücklich zum schauen bestimmt – ein ort, der dazu anregt, etwas mit offeneren augen wahrzunehmen als sonst. plakate IM museum, das soll auch den versuch bezeichnen, plakate bewußter zu sehen, vielleicht neu oder anders zu sehen.
plakate IM museum sind von vornherein verfremdete plakate, weil sie sich nicht an ihrem ursprünglichen ort befinden. gerade verfremdungen tragen dazu bei, das sehen zu intensivieren. sie zwingen zum genauen anschauen.
aus diesem grunde wurde auch bei der hängung bedacht darauf gelegt zu verfremden. zum teil sind die exponate in blöcken wie an einer plakatwand angeordnet (obwohl sie sich im museum befinden), zum teil wurde einzelnen blättern ein besonderer platz zugebilligt (obwohl sie nicht beanspruchen können, hervorgehoben zu werden), andere sind in reihen wie in einer gemäldegalerie gehängt (obwohl es sich um plakate und nicht um bilder handelt). einige wurden hinter glas gerahmt,, weil ihr charakter der künstlerischer graphik ist und sie immer schon als graphische blätter behandelt wurden, andere wurden ebenfalls unter glas gebracht, gerade weil sie nie dafür konzipiert waren.
die ausstellung zeigt plakate aus acht ländern. sie stehen sich gegenüber, sie stehen miteinander und gegeneinander, das ist nur bei plakaten IM museum möglich und es bedeutet gegenüber den plakaten an der litfaßsäule wiederum eine verfremdung, die zum schärferen hinsehen durch vergleich herausfordert.
die exponate reichen von den fünfziger jahren bis heute. plakate auf der straße dagegen feiern immer gleichzeitig geburtstag.
es geht also bei dieser ausstellung nicht um das gute design, auch nicht um die besten polnischen filmplakate oder um prämierte schweizer entwürfe. es geht nicht um amerikanische pop-posters oder französische künstler-affichen. es geht nur um das sehen.
plakate machen einen nicht unerheblichen teil unserer umwelt aus. wenn das wort „weltbild“ auch im optischen bereich bedeutung hat – und warum sollte es nicht, da es ihm schließlich entstammt –, dann tragen plakate sicherlich zum bild von der welt bei, zum bild, wie es sich uns bietet, und zum bild, das wir aus dem gebotenen erst machen, machen müssen, um zum „weltbild“ zu gelangen.
aus acht ländern sind die plakate der ausstellung zusammengetragen: udssr, schweiz, ddr, israel, usa, vr china, frankreich, polen. es hätten auch andere länder sein können. vollständigkeit war weder angestrebt noch erreichbar. das material kommt zudem aus einer einzigen kollektion, aus der sammlung koslowski, und verleugnet auch in dieser auswahl nicht die sammeltendenzen des leihgebers.
diese tendenzen treffen sich in vielem mit dem, was in unserem bild von der welt bereits vorgeformt ist. die schweizer sind mit wirtschaftswerbung, die polen mit filmplakaten, die franzosen mit kunstausstellungsblättern und die chinesen mit agitationsplakaten vertreten. das erwarten wir einfach von ihnen.
soweit das politische plakat jenseits des „eisernen vorhangs“ und die kommerzielle werbung diesseits quantitativ, das polnische filmplakat auf der einen und das amerikanische pop-blatt auf der anderen seite qualitativ den ausschlag geben, hält sich die ausstellung durchaus an diese proportionen. sie will nicht durch veränderung verfälschen, sondern durch präsentation verfremden.
der platz der plakate, die in den straßen der bundesrepublik hängen, blieb allerdings mit absicht IM museum leer, dennoch: gerade auf sie zielt die ausstellung in ihrem versuch, plakate bewußter, vielleicht neu oder anders zu sehen.
die ausstellung findet daher in den angrenzenden straßen ihre fortsetzung.