DIE AUSSTELLUNGEN
UND KASSETTENKATALOGE
DES STÄDTISCHEN MUSEUMS
MÖNCHENGLADBACH
1967–1978

Digitales Archivprojekt
initiiert von Susanne Rennert und Susanne Titz

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BEUYS

BEUYS BEUYS, Museum Mönchengladbach 1967, Raum VII, Foto: Ruth Kaiser, Archiv Museum Abteiberg, © Joseph Beuys Estate / VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Grundriss Obergeschoss neu
Einladungskarte BEUYS, 1967

BEUYS 13.9. – 29.10.1967
Joseph Beuys (1921 Krefeld – 1986 Düsseldorf)

Erste große Museumsretrospektive des Künstlers. Übernahme der Ausstellung durch das Stedelijk van Abbemuseum in Eindhoven, wo sie parallel zu einer Ausstellung von Robert Morris gezeigt wurde (22.3. – 5.5.1968)

1.OG: alle Räume (VI, VII, VIII und IX)
[EG: Gartensaal (II): Zeichnungen?]

Rekonstruktion und Text: Susanne Rennert

Nachdem ich mehrmals mit Beuys zusammen war, bin ich ganz und gar der Meinung, daß er fast sogar als einziger das Besondere dieser Zeit ausspricht.“ 1
(Karl Ströher, 1968)

Im Juni 1967 nahm Johannes Cladders die Arbeit als neuer Direktor des Städtischen Museums Mönchengladbach in der Nachfolge Heinrich Dattenbergs auf. Vorher war er zehn Jahre lang als Assistent von Paul Wember in Krefeld tätig gewesen, dem – so Hans Strelow – von vielen Kennern als überragend eingeschätzten deutschen Museumsleiter für aktuelle Kunst.“2 Seine Amtszeit eröffnete Cladders am Abend des 13. September 1967 mit der ersten großen Museumsretrospektive von Joseph Beuys. Diese Ausstellung erzeugte wie ein Paukenschlag enorme Resonanz und verschaffte nicht nur dem Werk des Düsseldorfer Akademieprofessors, sondern auch dem – vorher eher nur regional bekannten – Museum Mönchengladbach und seinem neuen Leiter internationale Aufmerksamkeit.3

Die ungewöhnlichste, sicher die aufregendste Ausstellung dieses Herbstes“ stellte Peter Iden in seiner Ausstellungsrezension in der Frankfurter Rundschau fest, worin er die elementare Kraft radikal neuer, ungewohnter Material- und Raum-Erfahrungen beschrieb, die sich hier in den stillen Zimmern“ (Rudi Fuchs) des neogotischen Bürgerhauses aus dem späten 19. Jahrhundert manifestierten. Gibt es das wirklich noch: daß eine Ausstellung bildender Kunst plötzlich ratlos macht, alle Vorstellungen, die wir uns zwischen Kinetik, Pop und hard-edge vom aktuellen Stand der schönen Künste gebildet haben, alle Sicherheit des Sehens und Urteilens durchstreicht, ja: sprengt?“ fragte Iden und fuhr fort: Man wird sie die ungewöhnlichste, sicher die aufregendste Ausstellung dieses Herbstes zu nennen haben. Kalt und grau stellen die Objekte von Beuys sich gegen die schöne Buntheit, mit der manche künstlerische Produktion im Augenblick ihre Fortschrittlichkeit zu belegen bemüht ist.“4

Der Zeitpunkt der Eröffnung hätte günstiger nicht sein können. Cladders und Beuys – der drei Monate vorher mit der Gründung der Deutschen Studentenpartei in Düsseldorf (22.6.1967) seine künstlerische Arbeit öffentlich und unter erheblicher medialer Aufmerksamkeit um eine konkrete politische Dimension erweitert hatte –, setzten bei der Terminwahl auf wirkungsvolle Synergien: Am Vorabend der Ausstellung BEUYS war im Kölner Gürzenich der Kunstmarkt Köln 67 eröffnet worden – die weltweit erste Messe moderner und zeitgenössischer Kunst, zu deren Mitinitiatoren auch Beuys’ Galeristen Alfred Schmela (Düsseldorf) und René Block (Berlin) zählten. In Folge des Kölner Großereignisses strömte am 13. September internationales Publikum und die überregionale Presse in die nahe niederrheinische Provinz. Die Amtlichen Mönchengladbacher Mitteilungen berichteten:

Zur Eröffnung der Ausstellung von Professor Joseph Beuys am 13. September fanden nahezu 600 Besucher den Weg ins Museum. Der weitaus größere Teil von ihnen kam nicht aus Mönchengladbach. Es handelt sich um Kunstfreunde, Sammler, Kritiker, Galeristen aus Deutschland und dem benachbarten Ausland. […] Das Gebäude an der Bismarckstraße war diesem Andrang kaum gewachsen. Viele Interessenten warteten geduldig auf der Straße und im Garten. Sie konnten nur schubweise in die Ausstellung gelassen werden. […] Noch bevor die Ausstellung von Professor Joseph Beuys im Städtischen Museum eröffnet war, lagen schon 60 Vorbestellungen für den Katalog vor. Bereits am Abend des Eröffnungstages war der Katalog restlos vergriffen. Am nächsten Tag boten Händler auf dem in Köln stattfindenden Kunstmarkt die wenigen Exemplare, die sie erhalten hatten, zum Preis zwischen 20 und 25 DM an. Obwohl der Katalog an vielen Ständen vorhanden war, gaben ihn die meisten Händler überhaupt nicht ab.“5

Kassettenkatalog BEUYS, 1967
Kassettenkatalog BEUYS, 1967
Kassettenkatalog BEUYS, 1967

Aufgrund des immensen Publikumsandrangs mussten am Vernissagenabend die Eröffnungsansprachen per Lautsprecher aus dem Gartensaal übertragen werden.

Als Redner trat hier, neben dem Museumsdirektor, Monsignore Otto Mauer auf – Beuys´ Galerist aus Wien, der als Domprediger am Stephansdom wirkte und in unmittelbarer Nachbarschaft die Avantgardegalerie Nächst St. Stephan leitete. Am 2. Juli 1967 hatte Beuys dort mit dem dänischen Fluxus-Künstler und Komponisten Henning Christiansen die Aktion Eurasienstab, 83 min fluxorum organum aufgeführt.

Ausstellungseröffnung

Bis heute zählt Monsignore Mauers Mönchengladbacher Eröffnungsansprache zu den substanziellen Texten über die universalen Ansätze und spirituellen Dimensionen im Werk von Beuys. Was ist eigentlich Kunst angesichts dieser Gegenstände, die viele als Kunstwerke nicht gelten lassen werden, vielleicht sogar entrüstet ablehnen werden? Was ist eigentlich Kunst?“ fragt Mauer einleitend. Dem Geistlichen gelang es, die (a priori angenommenen) Vorbehalte des Publikums aufzugreifen und gleichzeitig das Werk zu nobilitieren, seine hohe Relevanz und Museumswürdigkeit darzustellen. Angesichts dieses außergewöhnlichen Dokuments gelungener Vermittlung entschied Cladders im Nachgang die Rede – Beuys: Predigt!!!!!“6 –, weiter einzusetzen. Die Tonbandaufzeichnung wurde während der gesamten Ausstellungsdauer täglich um 12 Uhr und 16 Uhr im Museum abgespielt.

Im katholischen Mönchengladbach sollte sich die Präsenz eines hohen und ausgesprochen intellektuellen katholischen Würdenträgers aus dem nahen Ausland“ als kluger Schachzug erweisen. Mancher Kritik vor Ort war damit bereits im Vorfeld der Wind aus den Segeln genommen.

Eröffnungsrede Monsignore Otto Mauer, Wien

Kurzfristige Planung

Die Beuys-Ausstellung bietet eine für deutsche Museen heute seltene Gelegenheit, einen deutschen Künstler von internationalem Ruf erstmalig zu präsentieren. Daß das vorher noch nicht geschehen ist, lag an der von Beuys geübten Zurückhaltung in eigener Sache und an der im allgemeinen auf gemäßigte Erregung bedachten Vorsicht der Museumsleiter bei Ausstellungen mit Gegenwartskunst. Joseph Beuys aber, der in Düsseldorf lebende und an der Kunstakademie lehrende […] Künstler, treibt den Ausstellungsbesucher zu begeisterter Akklamation oder zu schärfster Ablehnung.“7 (Hans Strelow, 1967)

Beuys, seit 1961 Professor für Monumentale Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf, documenta-Teilnehmer von 1964 und seit 1963 als Aktionskünstler im intermedialen Fluxus-Kontext aktiv, war zum Zeitpunkt der Ausstellung in Mönchengladbach 46 Jahre alt. Bis auf drei Ausstellungen mit Beuys-Werken aus der Sammlung van der Grinten (1953, 1961, 1963) und die Ausstellung irgend ein Strang…, die 1965 in der Düsseldorfer Galerie Schmela stattgefunden hatte – 11 von insgesamt 38 dort präsentierten Werken zeigte Beuys auch in Mönchengladbach – hatte man vorher keine Einzelausstellung des Künstlers sehen können. Johannes Stüttgen erinnert, dass ihm das bildnerische Werk seines Professors vor dem Besuch der Mönchengladbacher Ausstellung gänzlich unbekannt gewesen sei.8
Zu seiner langen Zurückhaltung äußert sich Beuys selbst in einem aufschlussreichen Brief an den Wuppertaler Galeristen Rudolf Jährling, dem er im Mai 1963 schreibt: 2. wie bereits oben angedeutet, bin ich ein grosser Feind von Ausstellungen von mir. Der kommerzielle Context mit meiner Arbeit ist mir dabei zu gross. 3. Seit 2 Jahren arbeite ich an Gestalten, die kein Bild und keine Plastik ergeben – Fluxus.“9 In diesem Brief betont er auch, dass Alfred Schmela alle Rechte auf meine plastisch-malerische und zeichnerische, einschliesslich meiner frühen Arbeit erworben“10 habe. In der Tat war es dann auch Alfred Schmela, der die Beuys-Ausstellung im Sommer 1967 an Johannes Cladders vermittelte und mit organisierte.11

So lange man also eine umfassende Werkschau des Künstlers erwartet hatte, so kurzfristig ergab sich nun ihre Planung. Denn ursprünglich hatte Cladders sein Debüt nicht mit Beuys, sondern mit einer Einzelausstellung des US-amerikanischen Pop-Art Künstlers Andy Warhol geben wollen und darin bereits Zeit investiert.12 Das Ausstellungsvorhaben BEUYS wurde offenbar erst im Juli fixiert, so dass dem Künstler nurmehr zwei Monate zur Vorbereitung blieben.13

Vor der Ausstellung: Korrespondenz mit Monsignore Otto Mauer

Eva Beuys erinnert: Johannes Cladders bat Beuys um Hilfe, ihm bei diesem aufregenden Schritt als neuer Museumsdirektor in Mönchengladbach, bei dieser für ihn wichtigen ersten Ausstellung dort zu helfen. Beuys konzipierte diese […] Ausstellung alleine. Johannes Cladders bekam natürlich auch von Seiten Beuys‘ gerne diese Hilfe geliefert. Das war also Gegenseitigkeit und sicher mutig von Johannes Cladders. Alles musste in relativ kurzer Zeit von Beuys so konzipiert werden als Ausstellungsgut und dessen teilweiser erster Veröffentlichung.“14

Dass hier nicht der Direktor, wie in der Museumswelt seinerzeit üblich, sondern der Künstler selbst als Kurator seiner Ausstellung fungierte, demonstriert den progressiven und demokratischen Ansatz, der sich fortan im Museum Mönchengladbach manifestieren sollte. Ich folgte einfach dem, was Künstler machten; darin sah ich meinen Part“15 – so Cladders im Rückblick über sein Selbstverständnis als Institutioneller, dessen Aufgeschlossenheit speziell für institutionskritische und ortspezifische Manifestationen maßgeblich zur Reformierung und Wiederbelebung der traditionellen Institution Museum in den 1960er und 1970er Jahren beitrug. BEUYS 1967 stand hier programmatisch am Anfang. 

Joseph Beuys, handgeschriebene Liste für den Adressenverteiler, S. 1/9, Archiv Museum Abteiberg, © Joseph Beuys Estate / VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Joseph Beuys, handgeschriebene Liste für den Adressenverteiler, S. 1/9, Archiv Museum Abteiberg, © Joseph Beuys Estate / VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Joseph Beuys, handgeschriebene Liste für den Adressenverteiler, S. 1/9, Archiv Museum Abteiberg, © Joseph Beuys Estate / VG Bild-Kunst, Bonn 2024

142 Werke – Manifestation eines universalen Ansatzes

Die Plastik hat nur dann einen Wert, wenn sie an der Entwicklung des menschlichen Bewußtseins arbeitet. Ich möchte sagen, daß die Entwicklung des menschlichen Bewußtseins selbst schon ein plastischer Vorgang ist.“16(Joseph Beuys, 1964)

Der Künstler wählte für seine Retrospektive – dem chronologisch geordneten VERZEICHNIS im Kassettenkatalog zufolge – insgesamt 142 Arbeiten aus den Jahren 1949 bis 1967: 122 große und kleine plastische Werke, davon zahlreiche Objekte, die Beuys in vorangegangenen Aktionen eingesetzt hatte, sowie 20 Zeichnungen.17

Leihgaben kamen von der Sammlerin Fänn Schniewind (Neviges), den Brüdern van der Grinten (Kranenburg) und der Galerie Schmela (Düsseldorf). Der überwiegende Teil der Werke kam vom Künstler selbst und wurde von der Firma Hasenkamp aus den Ateliers am Drakeplatz in Düsseldorf-Oberkassel und der Düsseldorfer Kunstakademie nach Mönchengladbach transportiert. Einige dieser Arbeiten sind auf den – im Wohnatelier am Drakeplatz 4 aufgenommenen – Fotografien von Eva Beuys zu sehen, wie etwa Transsibirische Bahn, 1961 (VERZEICHNIS Nr. 46) oder Körper, 1967 (VERZEICHNIS Nr. 122).18

142 Werke

Beuys nahm in die Ausstellung nahezu das gesamte damalige Werk auf, genauer gesagt, den Teil, der ihm essentiell erschien. Unter dem Ausstellungsmaterial befanden sich zahlreiche Objekte, die aus dem (kollektiven) Aktionskontext stammten und oftmals aus fluxustypischen armen“ vergänglichen und alltäglichen Materialien gefertigt waren (siehe Liste im Anhang).19 Daneben standen erratische Einzelwerke, hergestellt aus traditionellen Bildhauerwerkstoffen wie Bronze und Holz. Interessant ist, wie Beuys hier nicht nur monumentale Bildhauerei und ephemere Aktion miteinander in Beziehung setzte, sondern auch das Innen und das Außen. So integrierte er mit Sybille (die Gerechtigkeit) (1957) und Jungfrau (1961) zwei großformatige Plastiken in die Ausstellung, die ursprünglich für Kunst am Bau-Vorhaben in Düsseldorf konzipiert worden waren. Die Bronzeplastik Sybille für einen Wettbewerb, der im Rahmen eines Neubaus für das Düsseldorfer Oberlandesgericht ausgeschrieben worden war. Die neunteilige Teakholz-Skulptur Jungfrau stand bis 1964 als sogenannte Spielplastik“ mit dem Titel Puppe auf dem Pausenhof der – von dem Architekten Paul Schneider-Esleben erbauten – Rolandschule in Düsseldorf-Golzheim. Ihre einzelnen Elemente waren ursprünglich mit Hanfseilen verbunden. Nachdem Puppe immer mehr zerstört worden war, gab man sie an Beuys zurück.20 Er setzte sie instand, stellte sie 1967 unter dem Titel Jungfrau im Museum Mönchengladbach aus und übernahm sie später in den Block Beuys.

Des Weiteren wurden mit Szene aus der Hirschjagd, 1961) oder Körper (1967) Werke gezeigt, die ursprünglich als Gebrauchsgegenstände (Atelierschrank bzw. Tagesbett/​Matratze) im Atelier gedient hatten. Hans Strelow schreibt in seinem Artikel Schulung der Sinne“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Doch Beuys will keine Anti-Kunst‘. Beuys geht es theoretisch um die Erweiterung des Kunstbegriffs. Die Arbeiten von Beuys zeigen, daß diese Extension zu der Gleichsetzung von Kunst und Leben führt. Nietzsche sagte es so: Kunst ist wesentlich Bejahung des Daseins.‘ Das macht die Ausstellung in Mönchengladbach bewußt. Beuys stellte einen vielfächrigen Schrank auf, gefüllt mit Utensilien, Gipsmodellen und persönlichen Gegenständen, wie er im Atelier des Bildhauers, der Beuys seiner Ausbildung bei den Professoren Mataré und Enseling an der Düsseldorfer Kunstakademie nach ist, gestanden hat. Der Katalogtitel lautet Szene aus der Hirschjagd‘. Hinweise darauf sind unter anderem eine Waffenanleitung und Munition.“21

Abstellen, einfach Abstellen!“ (Beuys). Die Ausstellung 

Beuys kommt vom Happening (bei ihm Fluxus geheißen) – eine Beuys-Ausstellung ist ein zum Stillstand gekommenes Happening“22 (Anna Klapheck, 1968)

Der Künstler widmete sich ab dem 8. September durchgehend dem Ausstellungsaufbau in Mönchengladbach.23Beuys, der als Aktionskünstler gewohnt war im Raum zu agieren, entwickelte die Konzeption in intensiver Auseinandersetzung mit den räumlichen Gegebenheiten vor Ort, wie die Fotografien von Ruth Kaiser und Manfred Leve veranschaulichen. Um die vielfältigen und vielgestaltigen Bestandteile des (einheitlichen) Werks“24(Leve), deren Bezüge und Zusammenhänge sichtbar zu machen, ging Beuys nicht chronologisch vor. Statt einzelne Werke als geschlossene Einheiten in voneinander abgetrennten Ausstellungssälen zu präsentieren, schuf er ein gleichermaßen offenes wie miteinander verbundenes plastisches Energiefeld“25(Eugen Blume), das sich über alle vier Räume des ersten Obergeschosses ausbreitete. (Der Durchgang von Raum VI zu dem kleinen Kapellenraum mit gotischem Erker und Buntglasfenster war mit einer weißen Stoffbahn verschlossen worden.) 

Auf eine Beschriftung der Arbeiten wurde grundsätzlich verzichtet. Nur die Präsentation der 20 Zeichnungen, die gerahmt an den Wänden hingen, entsprach üblicher musealer Praxis. Die übrigen Werke – Plastiken und Objekte abgestellt auf dem historischen Eichenparkett, an der Wand lehnend oder in den drei hohen Glasvitrinen angeordnet, die aus dem Depot des Museums stammten – waren alle Teil einer neuen, ungewöhnlich offenen Art der Inszenierung. Es war ein Gesamtkunstwerk von fast ereignishafter Natur“ (Mauer), das die Betrachter:innen sehr unmittelbar adressierte. In ihrer Intensität vergleichbar vielleicht mit Nam June Paiks Exposition of Music – Electronic Television (Galerie Parnass, Wuppertal 1963), die Beuys seinerzeit als historische Tat“ bezeichnet hatte. 26

Es war eine Ausstellung“ fasst Susanne Titz 2020 rückblickend zu BEUYS 1967 zusammen, die das Publikum aufgrund einer radikal neuen Präsentationsform vielfach irritierte: Beuys’ Objekte […] befanden sich einzeln oder zu Gruppen zusammengestellt in den museumseigenen Vitrinen, lagen auf dem Boden oder lehnten an den Wänden – eher Relikte als künstlerische Objekte, ohne Sockel und ohne Rahmen, gleichsam zwischen den Besuchern im Raum. Es ging um ein Gegenbild zum modernen Kunstmuseum, Abstellen, einfach Abstellen!‘, 27wie Beuys äußerte, im demonstrativen Gegensatz zur autonomen, von der Realität abgehobenen Existenz der Kunstobjekte, die seit Dada, Pop Art und Nouveau Réalisme durchaus auch vom Schrottplatz stammen konnten. Es war eine Antwort auf die Werte des Kunstmarkts und auf die Isolation der Kunst in den traditionellen Institutionen. Beuys demonstrierte 1967 im Museum Mönchengladbach einen erweiterten Skulptur- und Kunstbegriff. Hier ging es um Depot, Archiv oder Schaulager in der gesamten kultur- und institutionskritischen Dimension, um eine Definition und Reflexion des Museums als einer anthropologischen Institution, um einen Ort für die Objekte und multiplen Angelegenheiten der Menschheits‑, Kultur- und Naturgeschichte.“28

Dafür spricht auch die Verwendung von Vitrinen, die Beuys hier zum ersten Mal methodisch und gewissermaßen didaktisch einsetzte. Mit der Nutzung der Glasvitrinen aus dem Museum, die zunächst durchaus pragmatische Gründe gehabt haben mag, da es galt, eine Fülle kleinformatiger Objekte unterzubringen29, knüpfte Beuys an die Ausstellungspraxis natur- und kulturhistorischer Museen an. Im Nachgang zur Mönchengladbacher Ausstellung entwickelten sich Vitrinen zu einem elementaren Bestandteil seiner Objektpräsentationen und Ausstellungsdisplays. 

Vitrinen

Aspekte der Rezeption

Hans Strelow erklärt in seinem Artikel Das Bewußtsein wird erweitert“ in der Rheinischen Post: Beuys möchte nicht nur den Kunstbegriff, sondern allgemein das Bewußtsein erweitern: Wenn er ein Brot zeigen will, setzt er es nicht nach ästhetischen Regeln in ein anderes Medium um. Er legt es in eine Vitrine. Wie er es legt, ist natürlich‘, es hat jedoch selbstverständlich mehr plastische Präsenz als die Brote auf den Stilleben der niederländischen Meister des 16. und 17. Jahrhunderts. Beuys ist ein Magier, der uns erfahren läßt, daß die Dinge ein Teil des Lebens sind, so wie er selbst sein Leben als Kunstwerk sieht. Das ist ein Gedanke, der die Kunst dieses Jahrhunderts durchzieht, von Marcel Duchamp bis Yves Klein. Doch bei niemandem ist diese Idee – unter Verzicht auf herkömmliche Ästhetik – so konkret geworden wie bei Beuys.“30

Peter Iden in der Frankfurter Rundschau 1967: Diese rationale und moralische Qualität an den szenischen Arbeiten von Beuys wird nun an den Objekten, die jetzt zum ersten Mal in solcher Breite zu sehen sind, besonders deutlich. Man könnte sagen: Beuys zeigt Gegenstände vor, die zu den vernutzten Einrichtungsstücken unseres Bewußtseins gehören. Ein rostrotes Kreuz auf Dauerwürsten, hölzerne Pritschen übereinander (wie in Kasernen oder in KZ´s), mit Filz umwickelte oder von Wachs überzogene Gegenstände täglichen Gebrauchs, ein Holzkasten, in dessen Ecken Verbandsmull gestopft ist (Titel: Tamponierte Ecken‘) – das werden Metaphern von großem Wirklichkeitsgehalt für das, was sich in muffigen Winkeln des Bewußtseins als Gerümpel staut.“31

Monsignore Otto Mauer in seiner Eröffnungsrede 1967: So könnte ich sagen, wenn man diese Dinge sieht, die uns Beuys anbietet, mit denen er uns belästigt und quält, dann möchte ich sagen: Ecce homo, hier ist ein wahrer Mensch. Und weil er selbst noch leidet unter den Dingen und unter der Situation des Menschen, gestatten wir ihm, daß er uns belästigt und daß er uns angreift; denn seine Ausstellung ist eine Aggression.“

BEUYS 1967 – Basis des BLOCK BEUYS

Die Ausstellung BEUYS ist auch deshalb als ein besonderes Ereignis in die Kunstgeschichte eingegangen, weil sie mit einem spektakulären Coup verbunden ist. In einer aufsehenerregenden und spontanen Tat“32 (Hans Strelow) nahezu vollständig von dem Sammler Karl Ströher erworben, wurde sie zur Basis des berühmten Block Beuys in Darmstadt – dem Lebenswerk des Künstlers. Sie war, wie Eva Beuys schreibt, der erste Schritt hin zu einem Block Beuys“33, den Beuys im April 1970 im Hessischen Landesmuseum installierte und später fortlaufend erweiterte und veränderte. 

Dass Karl Ströher, Mitinhaber des Darmstädter Unternehmens Wella, bereits bei der Ausstellungseröffnung in Mönchengladbach anwesend war, dokumentieren die Fotografien von Ute Klophaus. Sie zeigen Ströher während der Ansprachen im überfüllten Gartensaal des Museums. Er sitzt in der ersten Stuhlreihe gleich neben der Ehefrau von Johannes Cladders, Wilhelma Cladders, die neben Joseph und Eva Beuys Platz genommen hat. In unmittelbarer Nähe stehen die jungen Maler Sigmar Polke und Gerhard Richter, deren Bilder Ströher wenig später ebenfalls sammeln sollte. 

Noch während der Laufzeit verhandelten Beuys und Ströher über einen En-Bloc-Ankauf fast der gesamten Ausstellung, sieht man von einigen wenigen Arbeiten sowie den Leihgaben aus Fremdbesitz einmal ab.34 Bereits im Oktober 1967 verfasste der Sammler einen ersten Entwurf zu den gemeinsamen Gedanken“, der die später konkretisierten Ziele – das Werk geschlossen zu erhalten, es dem kapitalistischen, an der Generierung von Mehrwert orientierten Kunstmarkt zu entziehen und einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen – bereits umreißt. Ströher notierte:

Entwurf 9.10.67

Wunschtraum (des Künstlers = K) und Erfüllung‘ (durch Mäzen = M) 

K. erlebt einen Abschnitt seines Schaffens, einen Ruf‘, seinen politischen Plan‘ zu erfüllen, das Empfinden von vielleicht mehrjähriger Pause (vom politischen Plan bedingt oder nicht) vor einem neuen Schaffens-Weg. Das Werk wird bereits stark beachtet und wird es durch drei Ausstellungen bis zum Frühjahr 1968 noch viel mehr werden. Sammler haben schon wichtige Stücke erworben und Galerien haben sie als begehrte Ware‘ verkauft und wollen, da es an Ware fehlt, recht viel davon verkaufen. K. ist das zuwider, sowohl der direkte Handelsbetrieb mit beiden Gruppen, besonders aber die Zerstreuung des Werkes. Es ist sein Wunsch, ohne Verkauf Geld zu erhalten (M), sowohl für die Vervollständigung des Werkes durch Bronze-Güsse von allem, was dazu geeignet ist (Gußkosten), für die Kosten der Ausstellungen und Kataloge und für den Rückkauf wichtiger Werke für den zu erhaltenen Block‘ (aber auch für den politischen Plan.) […]“35

Offensichtlich verpflichtete sich der Sammler von Beginn an der Ethik, die Beuys zur Bedingung gemacht machte. Schließlich handelte es sich bei dem Mönchengladbacher Ausstellungsgut um die Substanz seines bildhauerischen und aktionistischen Werks und dessen konzeptuellen Kern. Der Verkauf wurde letztlich erst zwei Jahre später, 1969, vertraglich besiegelt, das Konvolut der Plastiken, Objekte und Zeichnungen zwischenzeitlich mehrfach verändert und erweitert. Während dessen tourte Beuys‘ Werk bereits ab 1968 im Kontext der Ausstellungen zur Sammlung Ströher (München, Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Basel) durch verschiedene Institutionen. Dadurch blieb der Unternehmung die kontinuierliche Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Medien erhalten. Sie wurde noch gesteigert durch einen zweiten spektakulären Ankauf, den Ströher 1968 unternahm, als er die New Yorker Pop-Art Sammlung Leon Kraushar erwarb, die Franz Dahlem und Heiner Friedrich vermittelt hatten. Im März 1968 meldete der Spiegel:

Durch schnellen Vertragsabschluß überflügelte der Seniorchef der Haarkosmetik-Firma Wella ‑AG („Wellaform“, Wellaflex“, Wella Balsam“, Wella Glanz“) alle Kunsthändler der USA. Er erwarb – zu ungenanntem Preis – die Kunstsammlung des im Herbst 1967 verstorbenen New Yorker Versicherungsmaklers Leon Kraushar. Es ist eine Pop-Kollektion, wie sie kein zweiter Privatsammler besitzt: Kraushar hinterließ rund 200 Werke der rüden Reklame-Kunst, darunter allein 36 Bilder und Objekte von Andy Warhol, 21 Skulpturen von Claes Oldenburg, 16 Gemälde von Roy Lichtenstein, sieben von Tom Wesselmann sowie eine lebensgroße Rock n’ Roll-Band aus Gips von George Segal. Vom 18. Mai an werden sie in Darmstadt ausgestellt.“36

So erkannte Ströher nicht nur sehr früh die Bedeutung von Beuys, sondern kaufte auch als erster europäischer Sammler Pop-Art in großem Umfang. (Kraushar: Pop Art ist die Kunst von heute und morgen, die Kunst der Zukunft. Diese Bilder, das darf man nie vergessen, sind wie IBM-Aktien […]“37) Dadurch erhielt seine Sammlung zwei herausragende, bemerkenswert gegensätzliche Pole.

Unbekanntes Archivgut

Die wichtige Publikation Joseph Beuys. Block Beuys, 1990 von Eva, Wenzel und Jessyka Beuys im Verlag Schirmer / Mosel veröffentlicht, bietet grundlegende Informationen. Speziell auch zur Vorgeschichte des Block Beuys, die im Kontext der Mönchengladbacher Retrospektive 1967 relevant ist. 

Die Forschung kann nun komplementiert werden durch Dokumente aus dem Archiv des Museums Abteiberg, die hier erstmals veröffentlicht werden. Nachfolgend zwei Beispiele aus der Korrespondenz: Am 24. Oktober 1967 schreibt Cladders an seinen Kollegen Eugen Thiemann, den Direktor des Museums am Ostwall in Dortmund: Ein Sammler interessiert sich für die gesamte Ausstellung und hat mit Beuys bereits Besprechungen über den Erwerb geführt. Ob dieser Ankauf nun tatsächlich zustande kommt, kann ich im Augenblick noch nicht sagen. […] Sollte es allerdings nicht zu dem geschlossenen Verkauf des Ausstellungsmaterials kommen, werde ich mich wieder melden.“38 Und in einem Brief an den Kollegen Jan Leering vom 22. Februar 1968, in dem Details zur Übernahme der Ausstellung nach Eindhoven thematisiert werden, merkt Cladders an: Inzwischen hat Herr Ströher aus Darmstadt seine Hand auf das Ausstellungsmaterial gelegt. Ob er schon als Leihgeber genannt werden muß, könnte nur Herr Beuys sagen.“39 Und tatsächlich wird Karl Ströher in der Broschüre zur Ausstellung, die einige Monate später im Stedelijk van Abbemuseum in Eindhoven gezeigt wurde, bereits als Leihgeber genannt (22.3. – 5.5.1968).40

Im Hinblick auf die komplexe Chronologie zur Vorgeschichte des Block Beuys ist auch folgender Brief Karl Ströhers an Johannes Cladders vom 29. Dezember 1967 aufschlussreich. Ströher schreibt: Ihr Brief vom 20.12. hat mich sehr erfreut. Ich hoffe, daß ich schon Anfang Januar nächsten Jahres Herrn Beuys besuchen kann, und es wäre mir sehr lieb, wenn wir uns bei der Gelegenheit auch dort sprechen könnten. Ich hoffe, daß durch diese Begegnung alle Pläne in dieser Angelegenheit soweit geklärt werden können, daß ich Ihnen bald Bescheid geben kann. Sie wissen ja, daß mir eine Lösung hier an meinem Wohnort angenehmer wäre und daß es für mich nicht leicht ist, mich zu entscheiden.“41

Dass Beuys und Ströher am selben Tag Gespräche zu einem eventl. Ankauf“42 in Darmstadt geführt haben, geht aus den – im Joseph Beuys Estate dokumentierten – Daten hervor. Sie dauerten bis zum 30. Dezember an; Beuys wurde durch seine Familie begleitet. Es folgten weitere Treffen: 26. Februar 1968, 7. März 1968, 16. Februar 1969, 21. Juni 1969, während die Sammlung Ströher inklusive Beuys (wie oben erwähnt) in München, Berlin, Düsseldorf und Hamburg präsentiert wurde. Beuys installierte seine Werke stets selbst. Die Kunstkritikerin Anna Klapheck zur Präsentation in der Düsseldorfer Kunsthalle im Frühjahr 1969: Die Beuys-Kollektion füllt den gesamten ersten Stock; Beuys hat tagelang an der Ausstellung gearbeitet, denn jede neue Ausstellung gibt den dargebotenen Objekten (u.a. 19 Vitrinen) eine neue Ordnung und ist ein spontaner Akt.“43

Am 9. November 1969 dann – so die Daten des Joseph Beuys Estate – Aufbau der Ströher Sammlung in Basel, Kunstmuseum.“44 Damit wurde der Ankauf offenbar endgültig manifestiert.45

Aggregat

Die überwiegend positive Resonanz, die der Mönchengladbacher Ausstellung BEUYS 1967 im überregionalen und internationalen Kontext zuteil kam, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, wie erbittert das Werk des Bildhauers und Aktionskünstlers auf lokaler Ebene immer wieder angefeindet wurde. Gladbach freut sich auf den 29. Okt. 67, wenn diese Ausstellung geschlossen wird!“, heißt es beispielsweise auf einer anonymen Zusendung, die das Museum Mönchengladbach 1967 erreichte.46

Besonders deutlich wird die negative Stimmung in den parallelen Diskussionen um die Bronzeplastik Aggregat. Aggregat, im November 1967 im Rahmen des ambitionierten städtischen Kunst am Bau“-Projekts angekauft, wurde zur Jahreswende 1967/68 im Innenhof der Verwaltungsstelle Hardt aufgestellt. Der ein Meter hohe, einseitig offene Kubus, der zwei Bienenkorb-ähnliche Spulen trägt, polarisierte. Aggregat wurde in Mönchengladbach fortgesetzt als Hundehütte“ verunglimpft.47

Die lokale Rheinische Post publizierte am 25. Januar 1968 Helmut Wördemanns Artikel Hardt diskutiert Beuys: Wir können wenig mit ihm anfangen“, der auf O‑Tönen“ basierte. Aus heutiger Sicht eine Art Lehrbeispiel für demokratischen Meinungsaustausch – vgl. Beuys‘ Satz 1973: Demokratie ist lustig“.

Seit drei Wochen steht im Innenhof des Hardter Rathauses eine Bronzeplastik von Professor Joseph Beuys. Aber die Bürger von Hardt haben keine besondere Freude an dem Kunstwerk, sie sind gewissermaßen noch nicht reif für Beuys. Das zeigt das Echo der Skulptur in der Bürgerschaft. Die RP fragte Museumsdirektor, Kulturdezernent und Hardter Bürger. Wenn Sie in eine Hardter Gaststätte gehen und nach dem Kunstwerk im Innenhof des Rathauses fragen, wird jeder antworten: Meinen Sie die Hundehütte?‘ Edmund Behrens, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr in Hardt, Präsident der St.-Nikolaus-Bruderschaft und Mitglied des Bezirksausschusses ist überzeugt, daß der Bürger mit dem Ding nichts anfangen kann. Wenn man schon 14000 Mark für ein solches Kunstwerk ausgibt, soll man es wenigstens öffentlich aufstellen.‘ Bezirksausschußvorsitzender Ratsherr Gerecht denkt in diesem Punkt genauso: der Platz ist zu versteckt. Das Aggregat‘ […] sollte etwa im Bunten Garten oder am Geroweiher stehen. Im übrigen gefällt es ihm auch nicht besonders: Nichts gegen moderne Kunst, aber man sollte wenigstens ein Motiv erkennen können.’

Ähnliche Ansprüche stellt Stadtamtmann Dor (53 Jahre), der Leiter der Verwaltungsstelle Hardt und Hausherr des Rathauses.: Ein Kunstwerk soll mir Freude machen, das kann ich vom Aggregat‘ nicht sagen.‘ Er hat für moderne Kunst nicht viel übrig, enthält sich aber einer kritischen Aussage, indem er einräumt: Vielleicht bin ich zu alt dafür.‘

Kulturdezernent Stadtdirektor Dr. Diekamp (39 Jahre) hat zu dem Aggregat‘ von Professor Beuys keinen Zugang‘, aber: Es ist gewiß ein sehr wichtiger Beitrag zur gegenwärtigen Kunstsituation in Deutschland!‘ Der Stadtdirektor läßt seine persönlichen Empfindungen aus dem Spiel. Seine Erwägungen fußen auf zwei Tatsachen: Prof. Beuys gehört zu den Künstlern der Gegenwart. Seine Werke wurden auf der berühmten Dokumenta‘ in Kassel gezeigt, und sie werden von namhaften Museen und Sammlern gekauft. Daß der Geschmack des Bürgers sich nicht so recht auf diese Skulptur einstellen kann, hält Dr. Diekamp eher für ein Indiz für den künstlerischen Wert des Aggregates‘. Denn – um nur ein Beispiel zu nennen – auch die Werke von van Gogh galten unter seinen Zeitgenossen als scheußlich.‘ Der Platz im Innenhof des Hardter Rathauses behagt auch dem Kulturdezernenten nicht so recht: Er ist nicht sehr glücklich!‘. Auf gar keinen Fall pflichtet Dr. Diekamp den Steuerzahlern bei, die beanspruchen, daß ein von ihrem Geld gekauftes Kunstwerk auch öffentlich aufgestellt werden müsse: Die Bücher der Stadtbibliothek z.B. werden auch von Steuergeldern bezahlt. Und wie wenige machen Gebrauch von dieser Einrichtung …‘“48

So diplomatisch wie Busso Diekamp argumentierte auch Museumsdirektor Johannes Cladders, der in diesem Artikel im Anschluss an den Stadtdirektor und Kulturdezernenten zu Wort kommt. Doch die Diskussionen um die Plastik ebbten nicht ab; Cladders ersann eine raffinierte Lösung, am 1. Februar 1968 schrieb er an Joseph Beuys: Lieber Herr Beuys, Ihre Plastik in Hardt macht laufend Wirbel. Die Bezirksverwaltung und die Bürgerschaftsvertretung dort wollen sich nicht damit abfinden. Der Oberstadtdirektor hat zwar angeordnet: die Plastik bleibt – womit der Fall eigentlich als abgeschlossen gelten könnte – aber ich fürchte als Nachwirkung, daß die Verfahrensweise bei der Anschaffung von Kunstwerken grundsätzlich geändert werden könnte. Ich hätte daher gern, wenn die Bronze für eine kurze Zeit aus der Diskussion verschwinden würde, indem man sie von ihrem jetzigen Standort mit einem plausiblen Grund entfernt, um sie später wieder in Ehren‘ dorthin zurückzuholen. Dabei müßten Sie mir allerdings helfen. Wären Sie damit einverstanden, daß diese Hardter Arbeit und nicht die in Ihrem Besitz befindliche mit auf Ihre Ausstellung nach Eindhoven geht? Der Transport führt sowieso über Mönchengladbach und die Arbeit könnte hier zugeladen werden. Noch einen weiteren Vorschlag habe ich: Ist es möglich, daß diese Arbeit auch auf der documenta gezeigt wird? Nach diesen Ausstellungen dürfte sie dann sicherlich genug Ehren‘ auf sich geladen haben, daß der Streit dann um sie vergessen wird.“49

Die Idee wurde realisiert. Nicht der 1. Guss von Aggregat, der zum Materialkonvolut der Ausstellung BEUYS 1967 gezählt hatte, wurde in Eindhoven präsentiert, sondern jener 2. Guss der Plastik, der in Hardt stand.


Cladders war als ehemaliger Journalist stets bemüht, die Presse in seine Arbeit zur schwierigen Vermittlung zeitgenössischer Kunst einzubinden. Die nachfolgend zitierte Amtsnotiz“, die Cladders im März 1968 zum Thema Aggregat in Eindhoven“ für die Presse verfasste, ist ein besonders anschauliches Zeugnis seiner geschickten Kommunikationsstrategien. Es war eine raffinierte Volte, die die Diskussionen um die sogenannte Hundehütte“ einhegte – wenn auch nur vorübergehend. 

Die Bronze-Skulptur Aggregat‘ von Prof. B e u y s, die im Innenhof der Verwaltungsstelle Hardt Aufstellung gefunden und bereits viel Diskussionsstoff geliefert hat, wurde jetzt vom Stedelijk van Abbe Museum als Leihgabe für eine Ausstellung in Eindhoven erbeten. Die Ausstellung von Beuys im Eindhovener Museum wird am 23. März eröffnet. Sie vereinigt das gleiche Ausstellungsgut, das auch schon im Herbst vorigen Jahres im Städt. Museum Mönchengladbach gezeigt und das bei dieser Gelegenheit von dem Industriellen Karl Ströher aus Darmstadt erworben wurde. Ihre endgültige Aufstellung werden die Beuys-Exponate im Hessischen Landesmuseum Darmstadt finden, wenn an den bestehenden Museumsbeu ein besonderer Trakt angebaut ist, um die von Ströher dem Land Hessen gestiftete Sammlung aufzunehmen. Die Werke von Beuys – in der Zusammenstellung der Mönchengladbacher Ausstellung – bilden den Mittelpunkt der umfangreichen Stiftungskollektion, die von Werken der klassischen Moderne bis zur jüngsten Pop Art reicht, die Ströher durch den Erwerb der amerikanischen Sammlung Kraushar seiner Kollektion einfügen konnte. Die geschlossene Übernahme der Mönchengladbacher Beuys-Ausstellung und die Erwerbung der Sammlung Kraushar haben in der gesamten deutschen Presse und auch im Ausland starke Beachtung gefunden.“50

Kassettenkatalog BEUYS 1967

Der Katalog besteht aus einer flachen braunen Schachtel. Sie enthält ein Stück Filz, zwei Faltblätter und zwei leporello-gefalzte, 2,3 m lange Papierstreifen, mit Texten und Abbildungen bedruckt. Auch er ist numeriert und die Auflage begrenzt. In absehbarer Zeit wird er eine Rarität sein.“51

Joseph Beuys war an der Konzeption des erfolgreichen Formats Kassettenkatalog“, mit dem Johannes Cladders die Identität des Museums Mönchengladbach als einer Institution der Gegenwarts manifestierte, entscheidend beteiligt. Den ersten Kassettenkatalog entwickelte Cladders im Sommer 1967 gemeinsam mit Beuys: eine schlichte Schachtel aus Karton im Maß von 21 × 17 cm mit eingelegten Materialien. 52
Aus dem Prototyp dieses Objekts, das in Anlehnung an die Schachteln von Marcel Duchamp (Boîte verte, 1934 und Boîte-en-Valise, 1938/1941) und die – von George Maciunas ab 1963 in der Fluxus Edition publizierten – Fluxus-Boxes entwickelte wurde, entstand in der Folge eine einzigartige Serie von insgesamt 35 Kassettenkatalogen.53


Das hybride Format, das zwischen den Kategorien Ausstellungskatalog, Multiple und Künstlerbuch steht, eröffnete den Künstlern einen wichtigen zusätzlichen Manifestationsraum – über die Ausstellung hinaus. Aber nicht allein den Künstlern.54(Hanne Darboven war die einzige [!] Künstlerin, die von Johannes Cladders eine Einzelausstellung [plus Kassettenkatalog] angeboten bekam.) Auch dem Museumsdirektor, der sich innerhalb dieses Publikationsprojekts nicht nur als Organisator und Choreograf, sondern auch als Gestalter und Typograf verwirklichte. 

Mit dem ersten Kassettenkatalog legte Cladders ein formales Grundkonzept fest, zu dem neben dem festen Maß von 21 × 17 cm auch die bis 1978 konstant verwendete Schrifttype zählt: die kompakte Akzidenz Grotesk Berthold“, eine funktionale serifenlose Schrift, die wie das Museumsgebäude an der Bismarckstraße aus dem späten 19. Jahrhundert stammt und zu den Meilensteinen moderner Schriftgestaltung zählt.55 Mit Blick auf das Format der Schachtel fällt auf, dass Heinrich Dattenberg, Cladders’ Vorgänger als Direktor des Museums in Mönchengladbach, fünf Bestandskataloge im fast identischen Format herausgegeben hatte (21 × 15 cm).56
Möglich, dass hier eine spezifische Kontinuität hergestellt werden sollte. Bei Betrachtung von Dattenbergs schmalen bescheidenen Bänden, die äußerst informative Texte, aber kaum Abbildungen enthalten, wird deutlich, welch radikale Neudefinition von Katalog sich hier manifestierte. Und wie wie sich der Fokus nun von der wissenschaftlichen Interpretation als einer Information aus zweiter Hand direkt auf die Selbstaussage der Künstler und deren – auch physisch erfahrbare Arbeit – verschob. 

Wie äußerte sich Cladders selbst zur Konzeption der Kassettenkataloge?

Im Hinblick auf diese Frage ist das Interview aufschlussreich, das Hans Ulrich Obrist 1999 mit Johannes Cladders in Krefeld geführt hat:

Obrist: Wie ist die Sammlung der Boxen entstanden? Denn die ist eigentlich sehr konsequent von der allerersten Ausstellung an mit der ersten Beuys-Box fortgezogen worden. Ist sie von Ihnen selbst entwickelt worden oder im Dialog mit den Künstlern?

Cladders: Sowohl als auch. Das war aus der Not eine Tugend gemacht. Die finanzielle Situation war nicht sehr gut. Ich hatte nur ein ganz kleines Budget, dennoch wollte ich nicht nur dünne Faltblättchen machen. Ich wollte etwas für den Bücherschrank haben, das heißt etwas, das Volumen besaß. Und da habe ich mir gedacht, da musst du eine Box nehmen, die hat ein Volumen, da kannst du reinlegen, was die Künstler dir liefern und was du dir selber an Druckmaterial erlauben kannst finanziell. Und mit dieser Idee bin ich zu Beuys gezogen. Und habe gesagt, ich habe einen Sponsor, einen Drucker in Mönchengladbach, der druckt mir einen Text und Abbildungen, aber nur in einem bestimmten Umfang und mehr nicht. Und das ist zu wenig und zu dünn. Was kannst du noch dazu beitragen? Da sagte er, ich mache darin einen Filz. Damit hatten wir die Box schon ziemlich gefüllt. […] Dann haben wir zusammen überlegt, welches Format die Box haben soll. 

Obrist: Die Entscheidung war mit Beuys damals gefallen?

Cladders: Er war damit einverstanden, mit meiner Idee, eine Box zu machen. Und die Form dieser Box, das heißt die Außenmaße, die habe ich dann mit ihm besprochen. Wir wollten kein genaues DIN-Format, sondern wollten da etwas herausfallen. Die Maße, die die Boxen dann im Laufe der Ausstellungen immer beibehalten haben, sind damals bei Beuys festgelegt worden. Die habe ich immer beibehalten. Diese Maße stammen von Beuys. Es drehte sich auch um die Auflage. Das Haus war sehr klein. Ich hatte überhaupt keinen Raum, irgendwelche Restauflagen unterzubringen, und ich wusste aus meiner Krefelder Erfahrung, was bei solchen unmittelbaren Gegenwartsausstellungen während der Ausstellungsdauer verkauft werden konnte. 

Obrist: Interessanterweise sind ja die Auflagen immer ziemlich gleich geblieben. Man hat auf einmal gedacht, es gibt viel mehr Leute, die sich dafür interessieren. Aber wenn man einmal die Zahlen anguckt, was Museen real verkaufen, dann sind es immer noch zwischen 500 und 1000 – wenn es ganz gut läuft. Die Zahlen sind gleich geblieben.

Cladders:
Ganz genau. Das war auch für mich so. Ich hatte die Erfahrung von Krefeld, dass während einer Ausstellung im Haus Lange – bei Ausstellungen wie Yves Klein, Tinguely usw. – etwa 200 Kataloge verkauft wurden. Die Auflagen waren aber höher. Und da es sich meist doch um sehr interessante Künstler handelte, die erst später von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen wurden, verkauften sich die Kataloge im Laufe der Jahre. Da ich aber keinen Lagerraum hatte, musste ich von der Idee leben, sie müssten sich während der Ausstellung verkaufen oder bestenfalls in einem Jahr oder in einem halben Jahr. Deswegen habe ich die Auflagen immer kleiner gehalten. Ich weiß, dass ich mit Beuys darüber sprach, wir sollten 300 machen. Und Beuys sagte nein, das passt mir überhaupt nicht, das ist so eine komische Zahl. 300, das ist so eine glatte Zahl. Sagen wir 330. 333 wäre zu perfekt. Und ich habe diese Art von krummer Zahl immer beibehalten, auch wenn ich höhere Auflagen gemacht habe. Ich glaube, bei Carl Andre war es die größte Auflage mit 660.“57

Quellenangaben / Anmerkungen

Eröffnungsreden von Johannes Cladders und Monsignore Otto Mauer, Wien

Zur Eröffnung sprachen Johannes Cladders und Monsignore Otto Mauer, Wien. Es folgen beide Texte.


Johannes Cladders, Beuys und das weiße Kreuz von Malewitsch. Eröffnungsrede zur Ausstellung BEUYS, 13.9.1967

Um Wirklichkeit geht es bei Beuys — und um Poesie. Die Wirklichkeit reicht bis zur ungeschminkten Härte, die Poesie bis zum zarten Hauch. Die eine lässt sich zweifellos einsehbar nachweisen, die andere bedarf eines sensiblen Hineindenkens und Hineinsehens.

Gern spricht Beuys von „Gegenraum“ und „Gegenzeit“; der Mathematik stellt er eine „Antimathematik“, der Chemie eine „Antichemie“, der Physik eine „Antiphysik“, der Natur — um es auf einen Nenner zu bringen — eine „Antinatur“ gegenüber. Gemeint ist mit diesem „Gegen“ letztlich der Mensch selbst. Er ist das „Anti“, der Gegenüberstehende; dem Raum gegenüberstehend als Erlebnisraum, der Zeit als Erlebniszeit: der Materie als Psyche.

In jeder Poesie vollzieht sich dieses Gegenüberstehen zur Wirklichkeit — sofern wir unter Wirklichkeit einmal nur die eine Seite der Medaille verstehen wollen, die Materielle. Poesie ist die schlechthin äußerste und zugleich intensivste Möglichkeit dieses Vollzugs. Sie treibt ihn bis zu einem Punkt, wo Raum und Gegenraum — um in Beuys‘ Begriffen zu bleiben —‚ Zeit und Gegenzeit identisch erscheinen, und sie zwingt zu der Frage, die sicherlich kein müßiges Denkspiel einleitet, wo denn tatsächlich die „wirklichere“ Welt liegt.

Beuys‘ Poesie hat zu einem wesentlichen Teil diesen schmalen Grat zwischen den beiden Selten der Medaille Wirklichkeit selbst zum Thema. Darin liegt auch der Grund, warum sie zunächst nur schwer erkennbar sein mag. Bei ihm fallen poetische und materiale Mittel zusammen, besser, sie scheinen auf den ersten Blick hin zusammenzufallen. Tatsächlich jedoch reißt er das vorgegebene Material aus seiner psychischen Nichtexistenz in eine poetische Seinsform.

Dazu ein bezeichnendes Beispiel: Beuys hat in einer ganzen Reihe seiner Werke Schokolade verwendet, Braune Schokolade, die er teilweise mit ebensolcher braunen Farbe überzog. Die Grenze zwischen dem vorgegebenen Braun und dem hinzugefügten ist nur bei scharfem Hinsehen auszumachen. Materiale und künstlerische Mittel decken sich praktisch für das Auge. Zwischen beiden Mitteln jedoch besteht eine Kluft: hier die Schokolade zu gewöhnlichem Verzehr, Teil der einen Seite der Medaille — dort die Farbe, altüberkommenes Medium der Kunst.

Das Beispiel verdeutlicht uns das nahezu übereingehende Aneinanderrücken der beiden Wirklichkeiten, das Beuys anstrebt. Alle seine Werke der jüngsten Schaffensjahre sind von solchem Vorgehen her augenfällig bestimmt. Sie weisen uns auch die Richtung, in der man nach dem kontinuierlichen Faden in der Entwicklung seines Schaffens zu suchen hat.

Beuys wurde zunächst als Zeichner und Bildhauer, später erst als „Material-Poet“ und Aktionskünstler (Happenings) bekannt. In seinen Skulpturen, seien sie aus Holz, Schiefer, Stein, Bronze, Stahl oder Eisen entdecken wir rückblickend als bezeichnendes Merkmal eine Vorliebe, dem Material seine Eigenwertigkeit zu belassen, seine Verformung nach den Gesetzen vorzunehmen, die ihm selbst innewohnen. Das ist bedeutsam, denn dieses künstlerische Vorgehen setzt die bewusste oder unbewusste Haltung voraus, die Zutat möglichst unscheinbar zu lassen zugunsten des Übereinfallens von Künstlerischem und Materialem. Das Wort „materialgerecht“ ist allerdings vorbelastet und daher irreführend, wollte man es im Zusammenhang mit dem Vorgehen von Beuys gebrauchen. Beuys bearbeitet nicht das Holz entsprechend seiner splittrigen Natur, sondern nimmt für Splittriges Holz, so, wie er für Geschichtetes zum Schiefer, für kompakte Volumen zum Stein, für das Außenhäutige zur Bronze, für das Glatte, Flache zum Stahl greift. Dieses Korrespondieren kann sich nicht nur auf das handwerkliche Vorgehen, sondern ebenso auf die Inhalte figürlicher wie abstrakter Motive beziehen: dem zerschundenen Christus am Kreuz (in Beuys‘ Frühwerk gibt es viele geschnitzte Kruzifixe) entspricht die Splittrigkeit des Holzes, dem geistigen Volumen des Zeichens Kreuz (ohne Corpus) aber das materiale Volumen des Steins, der gewölbten dünnen Schädeldecke z. B. die Bronze oder der glatten abstrakten Komposition etwa die Glätte und Rechteckigkeit des Stahls.

Wie gesagt, das alles ist Interpretation im Nachhinein. Doch sie ist sicherlich nicht abwegig, wie die Tatsache ausweist, dass vieles andere, das ältere Werk Mitbestimmende und vielleicht auch Überlagernde nach und nach auf der Strecke blieb. Allerdings bei weitem nicht alles, denn diese Betrachtung greift schließlich nur einen einzigen Aspekt heraus, jedoch einen entscheidenden, wenn nicht den wesentlichsten und durchgängigsten.

Obwohl er Plastik und Zeichnung nicht etwa hinter sich gelassen hat, erst recht jedoch nicht verleugnet, sieht man heute in Beuys überwiegend den „Material-Poeten“ und Aktionskünstler. Das geschieht sicherlich in dem Sinne zu recht, als sich das Prinzip seiner Äußerungen gerade hier am deutlichsten manifestiert: das Operieren mit den beiden Extrempolen der Wirklichkeit. Hunderte von „Objekten“ hat Beuys gemacht. Der Ausdruck „Objekt“ missfällt ihm allerdings, weil er so stark auf den Materialcharakter des Werkes hin abzielt. Beuys sieht in einem Materialwerk eben nicht mehr vordergründig die Sach-, d.h. die Objektseite, sondern die Verwandlung, die andere Existenzform. Er legt die Betonung auf die Tatsache, dass die Medaille umgedreht wurde und nun die Seite der poetischen Wirklichkeit oben liegt.

Den schmalen Grat zwischen Wirklichkeit und Wirklichkeit beschreitet Beuys mit geradezu artistischer Sicherheit und in stetiger, messerscharfer Konsequenz. Zunächst haben seine „Objekte“ noch sehr bildhaften Charakter (z.B. bei einem Großteil der Stücke der Sammlung van der Grinten). Die Zutaten oder Veränderungen sind noch verhältnismäßig groß. Als Beispiel sei der „Verschneite Reiter“ aus 1958 genannt, eine mit Gaze völlig umhüllte Reiterfigur aus Ton. Die Figur ist erkennbar, wenn auch selbst nicht sichtbar. Reminiszenzen an eine Skulptur drängen sich also vor und versuchen, die Arbeit in diesen Bereich bildkünstlerischen Schaffens zu leiten, der uns als festumrissene Disziplin bekannt ist. Wir finden uns in diesem Hause leichter zurecht, und deswegen verlegen wir auch die Sache allzu gern dort hinein. Skulptur ist als Disziplin schon eine Seinsweise poetischer Wirklichkeit, eine längst bekannte Möglichkeit, die gegenüberstehende Welt formend und überformend zu erfassen, aus ihrer materiellen Existenz eine psychische zu machen. Sofern also bei Beuys Bild- bzw. Skulpturvorstellungen noch möglich sind, bleibt auch die Möglichkeit, an seinem eigentlichen Anliegen vorbeizusehen.

Im genannten Beispiel dürfte das allerdings schon schwer fallen. Entweder übersieht man die umhüllende Gaze, was bedeutet, dass man mit ihr nichts anzufangen weiß, oder man erkennt in ihr gerade das Wesentliche. Dann aber ist es schon nicht mehr weit bis zu dem einleitend genannten Schokoladen-Objekt, das uns als Beispiel für das Aneinanderrücken zweier Wirklichkeiten, für die Grundtendenz im Schaffen von Beuys diente.

So schnell wie hier von einem zum anderen Exempel gesprungen wird, vollzogen sich Beuys‘ Schritte allerdings nicht. Er hatte sehr vieles zurück zu drängen, was sich aus dem Bereich „eingerichteter“ Kunst als Missverständnis in den Weg stellen konnte, bevor er z.B. zu dem Medium fand, das er heute wie kaum wohl ein anderer deutscher Künstler beherrscht: die Aktion.

Die Aktion — ein Ausdruck, den Beuys für seine eigenen Aktivitäten dem Begriff Happening vorzieht — enthält über das „Objekt“ hinausgehend auch Bewegungs-, Zeit- und Ton- elemente. Sie lassen sich selbstverständlich auch in ein sogenanntes kinetisches Werk einbauen, doch muss der Mensch selbst außerhalb eines solchen Werkes bleiben. Der Mensch, wie einleitend dargelegt, wird von Beuys als das „Anti“, als der Gegenüberstehende, als die eigentliche Kehrseite der Medaille Wirklichkeit, als der psychische Raum gesehen. Es liegt daher konsequent im Zuge der Entwicklung von Beuys, dass er sich des Mittels Mensch bedient, um mit ihm die höchstmögliche, weil unauffälligste Deckung beider Wirklichkeiten zu erreichen; denn im Menschen fallen sie von selbst zusammen, sind sie ohne weiteres identisch. Aktion ist daher bei ihm auch keine Sonderform der Disziplin Theater, des „Aufführens“ von etwas durch Menschen. Sie ist, vom Poeten selbst vorgebracht, das Thema Poesie selbst.

Es liegt ganz in der Richtung der auf das Ziel immer strenger zugehenden Entwicklung von Beuys, dass er auch noch die Aktion zu überwinden sucht. Nach seiner Parteigründung befragt, meinte er, sie werde missverstanden, wenn man sie nicht als Kunstwerk betrachte. Sie sei ebenso als Kunstwerk zu verstehen wie seine Lehrtätigkeit an der Akademie oder jede andere Aktivität, die er entwickle. (Sehr bewusst hat er z.B. seine eigene Biographie darauf hinauslaufend geschrieben.) Hier finden wir uns an einem Punkt, vergleichbar mit dem, wo Malewitsch vor bald fünf Jahrzehnten auf weißem Grund ein weißes Kreuz malte und damit die Malerei an ihre äußerste Möglichkeit führte.

Monsignore Otto Mauer, Wien, Einführungsrede zur Ausstellung BEUYS, 13.9.1967

Meine Damen und meine Herren!

Vielleicht enttäusche ich Sie sofort da­durch oder zumindest endgültig am Ende meiner kurzen Überlegungen, daß Sie eigentlich nichts Konkretes über Beuys erfahren und daß Sie keine Interpretation hier oben zu sehender Objekte und Kunst­werke erhalten, sondern einige prinzi­pielle Überlegungen angesichts dieser Ausstellung; allerdings Überlegungen, von denen ich glaube, daß sie durch die Ausstellung provoziert werden. Und das erste, was mir in den Sinn gekommen ist als Problem, ist die Frage: Was ist eigentlich Kunst angesichts dieser Gegenstände, die viele als Kunstwerke nicht gelten las­sen werden, vielleicht sogar entrüstet ab­lehnen werden? Was ist eigentlich Kunst? Ich würde sagen in diesem Fall: eine Art von Antinatur. Und ich würde sagen mit einer jungen Künstlerin, die jetzt eben in meiner Galerie ausstellt – sie lebt in New York und stammt aus Kärnten und heißt Kiki Kogelnick –: Kunst kommt von künst­lich. Es ist zwar nicht wahr, sondern Kunst hängt entweder mit Können oder mit dem althochdeutschen Wort für Zeugen zu­sammen. Aber die Behauptung, Kunst kommt von künstlich, ist nicht ohne wei­teres abzuweisen. Dadurch unterscheidet sich ja eben gerade die Kunst von Natur, daß sie künstlich ist. Sie ist ein Artefakt, sie ist eine Tat des Menschen, und damit gehört sie in eine andere Region. Man könnte sagen angesichts dieser Dinge: sie ist ein Eingriff des Menschen in die Natur. Sie ist ein Eingriff, der von Bedeutung ge­schwängert ist; sie ist eine Verfremdung der Natur, eine Denaturierung der Natur, eine Reduktion der Natur, eine Um–Inter­pretation der Natur, auf jeden Fall Inter­pretation. Und sie zeigt, diese Ausstel­lung, Aspekt der Natur. Es ist ein humaner Aspekt, vielleicht ein willkürlicher Aspekt. Aber der Mensch ist eben dieses Wesen, das Natur in einer sehr vielfältigen Weise als ein Vorhandenes zwar, dem er nicht entrinnen kann, aber doch in einer sehr vielfältigen Weise interpretieren kann. Und er kann es nur in Geschichte, er kann es nicht ein für allemal, sondern er kann es nur in einem Augenblick, in einem Kai­ros. Man kann auch sagen: Kunst ist hier Kreation, und das heißt, einfach Erfindung, einfach Setzung, mit einer gewissen Will­kür, ohne sich darum zu kümmern, was sonst existiert. Oder jedenfalls mit einer Behandlung dessen, was existiert, die sou­verän ist. Man könnte sagen: es ist hier vielleicht spezifisch eine Interpretation dessen, was eben total übersehen wird, des Selbstverständlichen, des Alltäg­lichen, des Gewöhnlichen, dessen sich eben niemand annimmt. Zum ersten Male die zeitgenössische Kunst. Man könnte aber auch sagen – man wäre in der Nachfolge von Duchamp etwa –: es ist Antikunst.

Natürlich hat Duchamp das Schicksal ge­habt, daß seine Antikunst wieder Kunst wurde. Oder daß es jedenfalls Kritiker und Theoretiker gegeben hat – und es sind heute fast alle, die auf diesem Standpunkt stehen – und daß diese Antikunst im Grunde genommen nur eine andere Form von Kunst ist, vielleicht eine sehr radikale, vielleicht eine Grenzform von Kunst, aber vielleicht gerade jene Form von Kunst, aus der hervorgeht, was Kunst eben ei­gentlich ist. Und man könnte sagen, es ist eine Antirealität; aber das ist ja per Definition die Kunst, eine Antirealität; denn un­ter Natur verstehen wir nicht Bäume oder Blumen oder Tiere, die sonst ohne Zäh­mung des Menschen sozusagen von selbst existieren in dem, was wir Natur nennen, sondern Natur ist einfach das Vorgegebe­ne, das dem Menschen Vorgegebene, das Unentrinnbare, das auf ihn zu Geschaf­fene, und so könnte man sagen: Kunst ist eine Antirealität. Kunst besteht nur dort, wo sie sich von der Realität abhebt.

Eine zweite Frage, die mir gekommen ist, ist die: Handelt es sich hier um das, was Kunst meist ist, nämlich um Utopie? Handelt es sich hier um eine Velleität? Kunst ist immer, nicht nur im Klassizismus und in der Klassik, als etwas verstanden worden, das das Sein-sollende ist, ein Orden, ein Kanon, etwas, was man erstre­ben kann, etwas, was uns hinreißt, was uns aus uns heraushebt, etwas, was uns über die Trivialität unseres alltäglichen Da­ seins hebt. Ist Kunst also mit Notwendig­keit Utopie? Ich glaube, daß es sehr lange dauerte in der Geschichte der Kunst oder zumindest, daß es sehr lange gedauert hat, bis man in der Weltgeschichte des Geistes sich von den Klassizismen befreien konnte, von einer Kunst, die kano­nischer Natur ist, das heißt, finaler Natur ist, die das darstellt, was sein sollte, nicht das, was ist. Aber dieser Mann, der hier seine Objekte zeigt, ist sozusagen ein Go­tiker, er ist ein Realist, er ist kein Klassiker. Ihn interessiert das Faktische, die Exi­stenz. Ihn interessiert nicht die Substantia, die Natura, die philosophische Aussage, sozusagen die dauernde, für alle Zeiten gültige Aussage, die Wesensaussage über die Dinge und über den Menschen, sondern ihn interessiert die Situation; er sagt nichts aus über – sozusagen – das Ewige im Menschen. Wenn Sie wollen, können Sie alle diese Objekte wegwer­fen. Sie könnten alle zerstört werden. Wir wollen es nicht wünschen, aber es wäre kein großes Unglück. Wenn wir sie ver­standen haben, könnten sie alle verschwinden; denn sie haben nicht diesen Charak­ter wie viele andere Kunstwerke, an denen sich das aufrichtet, was wir Kultur nennen, sondern sie haben den Charakter einer un­verlierbaren – wenn sie einmal gefaßt ist – Erkenntnis dessen, was die menschliche Existenz ist. Sie sind ja in sich selbst auch gar keine kostbaren Objekte; sie sind nicht nur nicht aus Edelmetall, sondern sie geben ja auch gar nicht vor, – wenn es auch ihr Schicksal ist, gegen teures Geld irgendwo gekauft zu werden – sie geben auch gar nicht vor, irgendeinen Wahlort zu besitzen als eben jenen transi­torischen der Erkenntnis, einer Gnosis, die uns wichtig, ja sogar lebenswichtig ist.

Ein Drittes: Diese Dinge, die hier sichtbar sind, kennen eigentlich keine Unterschei­dung, oder sagen wir, keine totale Tren­nung von Subjekt und Objekt. Zunächst einmal würden wir sagen: hier sind Objekte; aber diese Objekte stammen ganz aus Subjektivität. Sie sind sogar extrem subjektiv. Alles das, was daran objektiv ist, was wir auch sonst kennen, als Geräte oder sonstige nützliche Dinge, wie ein Tisch oder dergleichen, alle diese Dinge sind total verfremdet. Sie sind nicht mehr das, was sie sind. Sie sind transfinalisiert. Ich verwende hier einen Ausdruck aus der Eucharistie-Theologie. Der Ausdruck Transsubstantiation wird heute von den holländischen Theologen mit Transfinali­sation übersetzt oder – sozusagen – neu interpretiert. Ich glaube, daß hier tatsäch­lich Zusammenhänge sind. Es ist hier eine Transfinalisierung eingetreten. Es ist ei­gentlich ziemlich gleichgültig, von welchem Objekt man hier abspringt. Das Objekt wird so gehandhabt und wird so interpre­tiert und wird so entäußert, daß es eine neue Bedeutung bekommt. Aber sie ist mit diesem Objekt derart identisch, daß man sagen kann, daß hier die Subjektivität und die Objektivität der äußeren materiellen Dinge geradezu zusammengeflossen sind. Wir haben hier Artefakte, aber wir haben auch Psychofakte hier vor uns, und wir haben hier Taten, materiell realisiert, die alle Zonen des Menschen widerspiegeln. Diese Objekte sind deshalb zu Kunstwer­ken geworden.

Wenn ich eine vierte Frage stelle: Sind hier Symbole vorhanden? – so möchte ich darauf antworten: Es sind sicher keine Allegorien hier vorhanden, es ist kein con­tract sociale vorhanden. Man hat sich nicht darauf geeinigt, daß gewisse Dinge ir­gend etwas bedeuten im Sinne einer Chif­fre, die dann aufzulösen wäre, dechiffriert werden kann. Es sind aber auch keine Symbole entitativer Natur, ontischer Natur, die man als Fix–Symbole bezeichnen könnte, und die zum Schluß so eine Art Rolle von Kultobjekten bilden könnten, das heißt also Symbole, die auf den ver­schiedenen Seinsschichten des Menschen basieren und Analogien markieren, die zwischen diesen Seinsschichten existieren, die vielleicht sogar einen Verweis enthal­ten, einen initiellen Verweis in das Transzendente, aber doch in einer fixiertenWeise, in einer einmaligen Weise, in einer wiederholbaren Weise; sondern es han­delt sich hier um transitorische Symbole, wenn wir so sagen können. Sie sind fast ereignishafter Natur, und sie hängen ganz wesentlich mit diesen Aktionen, diesen fluktuierenden Aktionen – die immer wie­ der Fluxus oder fluxus fluxorum genannt werden – von Beuys zusammen, und sie haben infolgedessen den Charakter der Zufälligkeit. Zufälligkeit ist aber der Eh­rentitel des Endlichen. Zufälligkeit ist das, womit Humor zusammenhängt, womit Sa­tire zusammenhängt. Zufälligkeit ist das, womit der Tod zusammenhängt. Zufällig ist das Kontingente, das nicht aus sich her­ aus Notwendige. Hier sind Geschehnisse von einem signifikativen Rang – hat man den Eindruck – in diesen Objekten, sozu­sagen für ganz kurz fixiert, eingefroren, sie können jederzeit aufgetaut werden, oder man hat das Gefühl, sie können sich jeder­ zeit verwandeln. Und auch hier wieder: sie erheben nicht den Anspruch, für immer auf­ gehoben zu werden. Sie sind Zeichen für unsere zufällige menschliche Existenz, für die conditio humana, die condition humaine.

Ein Fünftes, das mir in die Augen fällt, ist folgendes: Beuys beschäftigt sich mit dem Gemeinen, nicht im Sinne des Ordinären, nicht im Sinne des moralisch Gemeinen, aber im Sinne des ganz Gewöhnlichen. Er verwendet nicht nur kein Gold, und er ver­wendet auch nicht sonstige klassische Kunst–Stoffe, die immer wieder von Klas­sizisten so geliebt werden, etwa den Mar­mor oder dergleichen. Er könnte ihn auch verwenden. Es ist kein Einwand dagegen. Aber de facto kann bei ihm alles Kunst werden, alles ist kunstwürdig. Es kann ein verfaultes Holz sein, es kann eine ganz gewöhnliche Seife sein, es kann ein biß­chen Puder sein, es kann eine Wurst sein, etwas X-beliebiges. Aber er neigt sich her­unter, neigt sich ganz bewußt zu den ge­wöhnlichen trivialen Dingen des Alltags. Er entdeckt damit die Lüge, die in allem Edlen, oder angeblich Edlen, vorhanden ist. Es hat eine Zeit gegeben – sie liegt einige Jahrzehnte, zwei bis drei Jahr­zehnte zurück – in der wir gehört haben, daß es bestimmte Völker geben soll, die erbadelig sind. Und immer wieder wird die Lüge von dem nativen Adel in der Welt wiederholt. Beuys kennt das nicht, er braucht das auch nicht, sondern die Dinge werden dadurch geadelt, werden dadurch gehoben, werden in den Rang des Geisti­gen, sogar des Spirituellen erhoben da­durch, daß sie eben von seinem geistigen Anspruch und von seinem Griff verwandelt werden. Wenn das Edle schon vorhanden ist, wozu bemüht man sich noch darum, soll man das Edle noch einmal veredeln? Es ist also überflüssig, daß es als solches vor­handen sei. Es geschieht hier jene Erobe­rung auch in seinen Artefakten, die die zeitgenössische Kunst so auszeichnet. Der Ambitus von Kunst ist unerhört erweitert worden in den letzten hundert Jahren. Man hat Jahrtausende nicht geahnt, was alles Kunst sein kann und wessen sich Kunst bemächtigen kann. Es sind heute Kritzeleien, denen sich die Kunst bemächtigt hat, auf irgendwelchen dunklen Orten, und es sind lächerliche Maschinchen, deren sich die Kunst bemächtigt hat, Kinderzeichnun­gen, lrrenzeichnungen oder was es auch sonst sei; Naives, Unbeholfenes, Triviales. Es ist also das Spirituelle und nicht das Material. Es ist nicht ein würdiges Sujet, das vorhanden ist, sondern es ist der Akt des Sich-bemächtigens der Dinge, der das Würdige darstellt.

Ein Sechstes ist ganz evident : Das, was Beuys uns bietet, hat einen bedrückenden Charakter, etwa wie eine Lesung von Gleichnissen Kafkas. Die ganze Vergeb­lichkeit, die ganze Morbidität, die ganze Hinfälligkeit, die ganze Zufälligkeit, die ganze Sinnwidrigkeit, die im Dasein sein kann, dessen wird man hier ansichtig. Beuys ist ohne Zweifel kein Progressist. Er gehört der alten Welt an, unserer alten, überalterten, senilen Welt mit ihrer Weis­heit. Er ist nicht so naiv, wie amerikanische Künstler sein können. Er ist nicht so naiv; er kann zwar auch Plastik verwenden wenn er will; aber er macht etwas anderes daraus. Es wird nicht etwas, von dem man glaubt, es bricht ein neues Zeitalter an. Wenn man will, ist es eine düstere Welt, aber es ist eine faktische Welt ohne Be­hübschung. Es ist die Empirie, es werden keine Paradiese uns vorgezaubert. Die Kunst hat immer wieder der Verführung gedient, auch der politischenVerführung. Aber er ist deshalb kein Nihilist, er ist kein Anarchist, er hat keinen Haß gegen das Seiende. Er ist nicht wütend über die Schöpfung. Ein Literat, ein amerikani­scher, Thomas Wolfe, wurde einmal ge­fragt: ,,Sagen Sie einen Satz, der Ihr gan­zes Werk enthält." Da hat er gesagt: ,,Ich habe eine Wut !" Beuys hat keine Wut auf die Dinge. Er kann sich unendlich bemü­hen um das Kleine. Es ist genau dieselbe unendliche Liebe zum Kleinen und Ein­fachen bei ihm wie etwa in Dürers Zeich­nungen und Aquarellen, von dem Häschen, bei dem jedes Haar gezeichnet ist, oder von der Akelei oder irgendeinem Rasen­stück. Beuys ist kein Protestierer gegen das Faktische der Schöpfung; aber er halt verstanden, daß uns die Schöpfung nir­gends vorliegt. Wenn wir in der Genesis lesen, daß Gott gesagt hat: ,,Es ist gut ", daß er es jeden Tag gesagt hat, und wenn er am letzten Tag, wo der Mensch erzeugt wird, sagt „ Es ist sehr gut ", dann müssen wir sagen: Das liegt uns nicht vor! Unsere empirische Welt ist eine korrupte Welt, ist eine vom Tod durchsetzte Welt und gezeichnete Welt, und es ist eine Welt des Fressens und Gefressenwerdens. Es ist an und für sich eine aussichtslose Welt, es ist eine Gefängniswelt, das hat schon Platon gesehen in seinem Höhlengleich­nis, es ist eine Schattenwelt; es ist eine Welt, die eine Wüstenwanderung ist, in exitu Israel de Aegypto, Auszug Israels aus Ägypten, so heißt es in einem Vers, in einem Psalmvers. Das, was hier verstan­den zu sein scheint, ist vielleicht etwas, was – ich weiß es nicht – Beuys vielleicht gar nicht gelesen hat, – ich hüte mich, mit Künstlern über ihre Kunst zu spre­chen –, was im Philipperbrief des Paulus, in diesem großartigen Hymnus, festgelegt ist: ,, Der, der in der Gottesgestalt weilt, er hat sich ausgegossen, er hat sich sei­ner selbst entäußert, und er hat die Ge­stalt des Sklaven angenommen, und er ist im Äußeren erfunden worden als Mensch." Das ist die Knechtsgestalt. Und dieses Motiv ist nichts anderes als das Motiv des Gehorsams bis zum Tode, des Gehorsams gegenüber der faktischen Welt, des Durchstehens gegenüber der faktischen Welt. Allerdings mit jener ei­genartigen Gläubigkeit, die die Künstler von Natur aus haben, oder von Beruf aus haben oder – wie man sagen will – aus Notwendigkeit, aus innerer. Es ist ganz gleich, was sie machen – und wenn es literarisch noch so verzweifelt wäre – dadurch, daß es Kunst ist, ist es ein Werk des Glaubens und der Hoffnung.

Ein Siebentes fiel mir ein angesichts die­ser Dinge : Beuys macht happenings oder Aktionen, Fluxus; es sind Ereignisse, es sind Geschehnisse – to happen heißt sich ereignen. Aber es ist etwas Fluktuieren­des, es ist der Fluß unseres Lebens, der in den Tod mündet. Alles, was existiert, ist des Todes wärts; der Tod ist das Ziel, alles Denken ist eine Wissenschaft vom Tode, und es liegt ein tödlicher Ernst in diesen Dingen. Mag vielleicht eine Alliteration an Humor sein, vielleicht dieser Blitz, dessen Spitze abgestumpft ist mit Filz – vielleicht. Aber vielleicht ist das auch nur ein Zeichen von Vergeblichkeit, und daß dieser tödliche Ernst vorhanden ist, des Fließens der Dinge, des panta­rhei, aber nicht im Sinne des alten Hera­kleitos, sondern in dem Sinne des tatsäch­lich auf ein Ziel zu Ende Gehens; jeden­falls ist es unser individuelles Leben, und die Physiker haben es sich ausgerechnet, die Astronomen haben es sich ausgerech­net, daß es mit unserem Sonnensystem genauso ist, und damit ist eben das ganze Weltall liquidiert; denn, was nutzen uns diese ganzen sinnlosen Himmelskörper, deren es Milliarden und Millionen geben muß? Ich weiß gar nicht, welche Zahlenwerte das hat. Das ist auch ganz uninter­essant, wenn dort kein Herz ist, wenn dort kein Geist ist, wenn dort kein Gewissen ist, wenn da keine Liebe ist, wenn das alles nicht vorhanden ist. Alle Astronauten werden nichts finden, wenn sie sich noch so bemühen. Interessant für Physiker, aber eigentlich uninteressant für Philoso­phen oder Theologen. Diese Fluktuation hindert, daß irgend etwas verkultet wird, daß etwas verabsolutiert wird, sie verhin­dert den Triumphalismus, und das ist unge­heuer wichtig; denn das sind die gro­ßen Lebenslügen und die großen Polit­lügen. Das schafft den neuen Hitler und Stalin, das schafft den absoluten neuen Staat, das schafft den nächsten Welt­krieg; und das Fluktuierende, das Ge­brochene, das Vergebliche, das Kontin­gente, das Todbehaftete, das ist es, was die falschen Absolutheiten verhindert. So gibt es also hier keinen Kult des Lebens, aber es gibt – Gott sei Dank! – meine Da­men und Herren, auch nicht den scheuß­lichsten von allen Kulten, den moloch­artigsten aller Kulte, nämlich den des To­des, den Tod zu empfinden als eine Eksta­se, den Tod zu empfinden als einen heroi­schen Triumph. Das war ja die Ideologie, deren sich der Nazismus bedient hat, etwa die Ideologie eines Ernst Jünger oder ähn­licher Figuren, und in gewisser Hinsicht sogar die Ideologie eines Nietzsche; son­dern der Tod wird hier nicht triumphali­stisch, sondern als ein Faktum gesehen.

Dann frage ich mich noch achtens: Ist Beuys ein Mystiker? Wenn man unter Mystiker einen Ekstatiker versteht, der aus sich herausgerissen ist, wenn man das versteht in einem Sinne, wie es nicht ohnehin einem jeden Künstler zukommt, der eben mehr sieht als wir, der per De­finition ein Visionär ist, so würde ich sagen, im Sinne – nicht wahr – eines solchen Enthusiasments ist er es nicht. Natürlich ist er ein Visionär. Er sieht sehr viel. Er sieht die Realität, mit der er sich pausenlos konfrontiert und auseinandersetzt. Er ist sicher kein Mystiker im falschen Sinne des Wortes, im Sinne der Zauberei, im Sinne der Magie, im Sinne also des Versuches, mit irgendwelchen Zeichen und Praktiken und Aktionen den Hintergrund, den Seinsgrund und das Absolute in den Griff zu bekommen. Denn das ist eine contradictio in terminis. Aber wenn Sie wollen, ist er niederdeutscher Mystiker, so, wie wir sie aus der Geschichte kennen, ein Mystiker der Existenz des Menschen, der weiß, daß die Existenz des Menschen mit dem Problem seiner Transzendenz verbunden ist, und je mehr der Mensch in seiner Bedingtheit gesehen wird, und je mehr der Mensch gesehen wird als das Wesen, das sich ständig der Todesgrenze nähert und das ihm ständig ausgesetzt ist, desto mehr wird das Korrespondente des Transzendenten hervorgerufen.

Und zuletzt, meine Damen und Herren, neuntens, muß ich noch einen Vorwurf entkräften, der Beuys gemacht werden könnte, und er ist schon gemacht worden, nämlich: daß Beuys im Grunde genommen doch ein Ästhet sei, daß alle diese Dinge, die uns so existentiell vorkommen, so schrecklich, das Herz so angreifend, so quälend, mit denen man eigentlich auf die Dauer nicht zusammenleben kann, so ähnlich, wie man in einer Folterkammer nicht auf die Dauer leben kann, mit Gru­seln besichtigt man sie, könnte man mei­nen, daß das alles nur Vorwand ist. Vorwand für eine – sagen wir – höhere oder, nein – sagen wir – vielleicht raffiniertere Ästhetik. Wenn Sie unter Ästhetik, meine Damen und Herren, ein Glasperlenspiel, ein Unverbindliches verstehen, etwas, was in sich selbst spielt, dann ist Beuys meiner Ansicht nach kein Ästhet. Es gibt eine Ästhetik, die mit Kunst nichts zu tun hat. Jedes geometrische Gebilde ist ästhetisch. Die Natur ist vielfach ästhe­tisch, ist unübertrefflich ästhetisch, und in diesem Wettlauf werden wir immer zu­rückbleiben. Wenn die Künstler nichts an­deres machen wollen, als die Natur und ihre Ästhetik einzuholen, werden sie immer scheitern, werden sie selbst ent­täuscht werden, werden sie zur Verzweif­lung getrieben werden – wenn sie auf­richtig sind – werden sie sich lächerlich machen; aber es gibt eine Ästhetik, die nichts anderes ist als ein Gebilde geisti­ger Ordnung, das heißt, als ein Sinnge­bilde. Es gibt eine Ästhetik, die protestiert gegen die Verzweiflung, gegen die abso­lute Verzweiflung, nicht die gute Verzweif­lung, die man braucht, um über sich selbst hinauszugeraten, nicht die Kierkegaard­sche Verzweiflung, sondern die absolute Verzweiflung, die nicht nur keinen Weg weiß im Sinne des Agnostizismus, sondern die die Behauptung, die ungebührliche und durch nichts zu beweisende Behaup­tung aufstellt, daß dem Menschen nicht geholfen werden könnte und daß er eine contradictio in se sei und daß er die Er­findung eines grausamen Intellektes sei, ein einziger Hohn, eine einzige Satire, eine einzige Bosheit. Gegen das protestiert das Ästhetische. Das Ästhetische ist nichts anderes als eine geistige Wahrheit, das heißt, eine geistige Realität. Wenn in der mittelalterlichen Philosophie gefragt wurde: Was ist das Schöne?, so wurde darauf – etwa von Thomas – geantwortet: splendor veritatis. Das Hervorbrechen, das leuchtende Hervorbrechen der Realität, der Wirklichkeit, der Veritas. James Joyce, der Jesuitenschüler war, wenn er auch in seinem späteren Leben davon in welt­anschaulicher Hinsicht wenig Gebrauch gemacht hat, so doch in seiner Ästhetik, hat gelernt, daß das Schöne ein Akt der Epiphanie ist. Man könnte es auch heideg­gerisch ausdrücken. Man könnte auch sa­gen, es ist ein Akt der Selbsterschließung, der Lichtung des Seins, in dem sich das Sein dem Intellekt anbietet. Aber nicht nur dem Intellekt anbietet, nicht nur als eine Realität, sondern die Realität in ihrer gan­zen Herrlichkeit, in ihrem ganzen Glanz, in ihrer ganzen Überzeugungskraft, ja, man möchte sagen, in ihrer ganzen Positivität. Und so könnte man vielleicht sagen, da es ja auch den mittelalterlichen philosophi­schen Satz gibt: ,,ens et bonum et verum convertuntur", daß diese Prädikamente des Seins vertauscht werden können, be­liebig vertauscht werden können, daß al­les Seiende wahr ist und alles Seiende gut ist, könnte man ebenso sagen, daß im Ästhetischen das splendor bonitatis wie veritatis ist: der ausbrechende Glanz, das Lichtwerden, das Durchsichtigwerden, das Luzidwerden, das Diaphanwerden und das Epiphanwerden der letzten hintergründi­gen Güte des Seins. Der Künstler befindet sich ja in einer ganz eigenartigen, unauf­hebbaren Dialektik, zerreißenden Dialek­tik. Auf der einen Seite will er ganz reali­stisch sein, ganz empirisch sein, ganz wahr sein, ganz geschichtlich sein, will er den Dingen in die Augen sehen, will er die Faktizitäten wahrhaben, will er nicht utopisch sein – gerade der Künstler von heute. Auf der anderen Seite aber sieht er gläubig und sieht er voller Hoffnung eine Möglichkeit, ja, er realisiert eine Möglich­keit des Sinngebildes. Alles ist korrupt in dieser Welt, sogar die Heiligen sind Sünder; alles ist korrupt in dieser Welt, nur im Ästhetischen leuchtet eine unbegreif­liche Perfektion auf. In dieser Dialektik befindet sich der Künstler, und immer wie­der schwankt er in seinen Schöpfungen, und immer wieder ist er in Versuchung, das Ästhetische in diesem letzten Sinne zu vertauschen mit dem Gefälligen, mit dem Angenehmen, mit dem, was die Masse – das sogenannte Volk – will, mit dem, was uns das Dasein behübschen soll: die Lüge. Thomas hat eine Definition, noch eine andere Definition des Schönen : quod visum placet, was gefällt, wenn man es sieht, wenn man es wahrnimmt. Man könn­te es auch ganz banal verstehen, so wie etwa ,die Kunst ins Volk' könnte man ver­stehen, was den Leuten gefällt, was das Leben annehmlich macht, was Dekor ist im Leben und was uns hinweghilft; das ist ja doch die Meinung, die nie aussterben wird, daß das Leben so ernst sei und die Kunst – ach! – so heiter, so lustig sei. Nun, quod visum placet! Es ist ein tiefes inneres Genügen, das vom Kunstwerk aus­geht, ein geistiges Genügen, eine spiritu­elle Realität rührt uns an und berührt in uns eine Tiefenschicht, wühlt sie auf; es ist etwas Korrespondentes hier vorhan­den. Und von dieser Korrespondenz, mei­ne Damen und Herren, leben wir. Von der Korrespondenz zwischen dem sich lich­tenden Sein und der menschlichen Gnosis, der menschlichen Erkenntnis. Zwischen der Korrespondenz der letzten Gutheit des Seins und dem menschlichen Streben, das unseren Perfektionswunsch, Selbstperfektionswunsch, erfüllen soll, das uns die Ga­rantie gibt, daß wir noch Menschen wer­den können, die wir alle Bruchstücke, die wir alle Halbmenschen sind. Und so ist es im Ästhetischen. Es gibt uns eine tiefe Gewißheit, dieser Splendor, dieser Glanz des Ästhetischen, eine tiefe Gewißheit von einem letzten Sinn. So könnte ich sa­gen, wenn man diese Dinge sieht, die uns Beuys anbietet, mit denen er uns belästigt und quält, dann möchte ich sagen: Ecce homo, hier ist ein wahrer Mensch. Und weil er selbst noch leidet unter den Dingen und unter der Situation des Menschen, gestatten wir ihm, daß er uns belästigt und daß er uns angreift; denn seine Ausstellung ist eine Aggression.

Zum Schluß möchte ich einen Wunsch äu­ßern, den Wunsch, daß uns diese Ausstel­lung, die uns quält und aufregt und ver­folgt, vielleicht bis in unsere Träume, viel­leicht sogar bis in unser Leben hinein, daß diese Ausstellung einen Sinn haben möch­te – jenen Sinn, den Kardinal Newman als seinen eigenen Grabspruch für sein Grab niedergelegt hat: Ex umbris et imaginibus in veritatem. Die Kunst verändert den Menschen, sie verändert das Leben. Rilke hat sogar gesagt: „Wenn man das an­schaut – du mußt dein Leben ändern." Aber wir wünschen eigentlich noch eine andere Veränderung, die die Kunst nicht leisten kann, die Totalveränderung des Kosmos, daß das Stöhnen der Kreatur, daß dieser Schmerz, dieses Zerreißende, diese Geburtswehen der Kreatur endlich eine Korrespondenz finden in einem neuen Himmel und in einer neuen Erde. Ex um­ bris et imaginibus in veritatem: aus den Schatten, der Welt der Schatten und der Bilder zur Wirklichkeit, zur Wahrheit.


Monsignore Otto Mauer, Wien, Einführungsrede zur Ausstellung BEUYS

Meine Damen und meine Herren!

Vielleicht enttäusche ich Sie sofort da­durch oder zumindest endgültig am Ende meiner kurzen Überlegungen, daß Sie eigentlich nichts Konkretes über Beuys erfahren und daß Sie keine Interpretation hier oben zu sehender Objekte und Kunst­werke erhalten, sondern einige prinzi­pielle Überlegungen angesichts dieser Ausstellung; allerdings Überlegungen, von denen ich glaube, daß sie durch die Ausstellung provoziert werden. Und das erste, was mir in den Sinn gekommen ist als Problem, ist die Frage: Was ist eigentlich Kunst angesichts dieser Gegenstände, die viele als Kunstwerke nicht gelten las­sen werden, vielleicht sogar entrüstet ab­lehnen werden? Was ist eigentlich Kunst? Ich würde sagen in diesem Fall: eine Art von Antinatur. Und ich würde sagen mit einer jungen Künstlerin, die jetzt eben in meiner Galerie ausstellt – sie lebt in New York und stammt aus Kärnten und heißt Kiki Kogelnick –: Kunst kommt von künst­lich. Es ist zwar nicht wahr, sondern Kunst hängt entweder mit Können oder mit dem althochdeutschen Wort für Zeugen zu­sammen. Aber die Behauptung, Kunst kommt von künstlich, ist nicht ohne wei­teres abzuweisen. Dadurch unterscheidet sich ja eben gerade die Kunst von Natur, daß sie künstlich ist. Sie ist ein Artefakt, sie ist eine Tat des Menschen, und damit gehört sie in eine andere Region. Man könnte sagen angesichts dieser Dinge: sie ist ein Eingriff des Menschen in die Natur. Sie ist ein Eingriff, der von Bedeutung ge­schwängert ist; sie ist eine Verfremdung der Natur, eine Denaturierung der Natur, eine Reduktion der Natur, eine Um–Inter­pretation der Natur, auf jeden Fall Inter­pretation. Und sie zeigt, diese Ausstel­lung, Aspekt der Natur. Es ist ein humaner Aspekt, vielleicht ein willkürlicher Aspekt. Aber der Mensch ist eben dieses Wesen, das Natur in einer sehr vielfältigen Weise als ein Vorhandenes zwar, dem er nicht entrinnen kann, aber doch in einer sehr vielfältigen Weise interpretieren kann. Und er kann es nur in Geschichte, er kann es nicht ein für allemal, sondern er kann es nur in einem Augenblick, in einem Kai­ros. Man kann auch sagen: Kunst ist hier Kreation, und das heißt, einfach Erfindung, einfach Setzung, mit einer gewissen Will­kür, ohne sich darum zu kümmern, was sonst existiert. Oder jedenfalls mit einer Behandlung dessen, was existiert, die sou­verän ist. Man könnte sagen: es ist hier vielleicht spezifisch eine Interpretation dessen, was eben total übersehen wird, des Selbstverständlichen, des Alltäg­lichen, des Gewöhnlichen, dessen sich eben niemand annimmt. Zum ersten Male die zeitgenössische Kunst. Man könnte aber auch sagen – man wäre in der Nachfolge von Duchamp etwa –: es ist Antikunst.

Natürlich hat Duchamp das Schicksal ge­habt, daß seine Antikunst wieder Kunst wurde. Oder daß es jedenfalls Kritiker und Theoretiker gegeben hat – und es sind heute fast alle, die auf diesem Standpunkt stehen – und daß diese Antikunst im Grunde genommen nur eine andere Form von Kunst ist, vielleicht eine sehr radikale, vielleicht eine Grenzform von Kunst, aber vielleicht gerade jene Form von Kunst, aus der hervorgeht, was Kunst eben ei­gentlich ist. Und man könnte sagen, es ist eine Antirealität; aber das ist ja per Definition die Kunst, eine Antirealität; denn un­ter Natur verstehen wir nicht Bäume oder Blumen oder Tiere, die sonst ohne Zäh­mung des Menschen sozusagen von selbst existieren in dem, was wir Natur nennen, sondern Natur ist einfach das Vorgegebe­ne, das dem Menschen Vorgegebene, das Unentrinnbare, das auf ihn zu Geschaf­fene, und so könnte man sagen: Kunst ist eine Antirealität. Kunst besteht nur dort, wo sie sich von der Realität abhebt.

Eine zweite Frage, die mir gekommen ist, ist die: Handelt es sich hier um das, was Kunst meist ist, nämlich um Utopie? Handelt es sich hier um eine Velleität? Kunst ist immer, nicht nur im Klassizismus und in der Klassik, als etwas verstanden worden, das das Sein-sollende ist, ein Orden, ein Kanon, etwas, was man erstre­ben kann, etwas, was uns hinreißt, was uns aus uns heraushebt, etwas, was uns über die Trivialität unseres alltäglichen Da­ seins hebt. Ist Kunst also mit Notwendig­keit Utopie? Ich glaube, daß es sehr lange dauerte in der Geschichte der Kunst oder zumindest, daß es sehr lange gedauert hat, bis man in der Weltgeschichte des Geistes sich von den Klassizismen befreien konnte, von einer Kunst, die kano­nischer Natur ist, das heißt, finaler Natur ist, die das darstellt, was sein sollte, nicht das, was ist. Aber dieser Mann, der hier seine Objekte zeigt, ist sozusagen ein Go­tiker, er ist ein Realist, er ist kein Klassiker. Ihn interessiert das Faktische, die Exi­stenz. Ihn interessiert nicht die Substantia, die Natura, die philosophische Aussage, sozusagen die dauernde, für alle Zeiten gültige Aussage, die Wesensaussage über die Dinge und über den Menschen, sondern ihn interessiert die Situation; er sagt nichts aus über – sozusagen – das Ewige im Menschen. Wenn Sie wollen, können Sie alle diese Objekte wegwer­fen. Sie könnten alle zerstört werden. Wir wollen es nicht wünschen, aber es wäre kein großes Unglück. Wenn wir sie ver­standen haben, könnten sie alle verschwinden; denn sie haben nicht diesen Charak­ter wie viele andere Kunstwerke, an denen sich das aufrichtet, was wir Kultur nennen, sondern sie haben den Charakter einer un­verlierbaren – wenn sie einmal gefaßt ist – Erkenntnis dessen, was die menschliche Existenz ist. Sie sind ja in sich selbst auch gar keine kostbaren Objekte; sie sind nicht nur nicht aus Edelmetall, sondern sie geben ja auch gar nicht vor, – wenn es auch ihr Schicksal ist, gegen teures Geld irgendwo gekauft zu werden – sie geben auch gar nicht vor, irgendeinen Wahlort zu besitzen als eben jenen transi­torischen der Erkenntnis, einer Gnosis, die uns wichtig, ja sogar lebenswichtig ist.

Ein Drittes: Diese Dinge, die hier sichtbar sind, kennen eigentlich keine Unterschei­dung, oder sagen wir, keine totale Tren­nung von Subjekt und Objekt. Zunächst einmal würden wir sagen: hier sind Objekte; aber diese Objekte stammen ganz aus Subjektivität. Sie sind sogar extrem subjektiv. Alles das, was daran objektiv ist, was wir auch sonst kennen, als Geräte oder sonstige nützliche Dinge, wie ein Tisch oder dergleichen, alle diese Dinge sind total verfremdet. Sie sind nicht mehr das, was sie sind. Sie sind transfinalisiert. Ich verwende hier einen Ausdruck aus der Eucharistie-Theologie. Der Ausdruck Transsubstantiation wird heute von den holländischen Theologen mit Transfinali­sation übersetzt oder – sozusagen – neu interpretiert. Ich glaube, daß hier tatsäch­lich Zusammenhänge sind. Es ist hier eine Transfinalisierung eingetreten. Es ist ei­gentlich ziemlich gleichgültig, von welchem Objekt man hier abspringt. Das Objekt wird so gehandhabt und wird so interpre­tiert und wird so entäußert, daß es eine neue Bedeutung bekommt. Aber sie ist mit diesem Objekt derart identisch, daß man sagen kann, daß hier die Subjektivität und die Objektivität der äußeren materiellen Dinge geradezu zusammengeflossen sind. Wir haben hier Artefakte, aber wir haben auch Psychofakte hier vor uns, und wir haben hier Taten, materiell realisiert, die alle Zonen des Menschen widerspiegeln. Diese Objekte sind deshalb zu Kunstwer­ken geworden.

Wenn ich eine vierte Frage stelle: Sind hier Symbole vorhanden? – so möchte ich darauf antworten: Es sind sicher keine Allegorien hier vorhanden, es ist kein con­tract sociale vorhanden. Man hat sich nicht darauf geeinigt, daß gewisse Dinge ir­gend etwas bedeuten im Sinne einer Chif­fre, die dann aufzulösen wäre, dechiffriert werden kann. Es sind aber auch keine Symbole entitativer Natur, ontischer Natur, die man als Fix–Symbole bezeichnen könnte, und die zum Schluß so eine Art Rolle von Kultobjekten bilden könnten, das heißt also Symbole, die auf den ver­schiedenen Seinsschichten des Menschen basieren und Analogien markieren, die zwischen diesen Seinsschichten existieren, die vielleicht sogar einen Verweis enthal­ten, einen initiellen Verweis in das Transzendente, aber doch in einer fixiertenWeise, in einer einmaligen Weise, in einer wiederholbaren Weise; sondern es han­delt sich hier um transitorische Symbole, wenn wir so sagen können. Sie sind fast ereignishafter Natur, und sie hängen ganz wesentlich mit diesen Aktionen, diesen fluktuierenden Aktionen – die immer wie­ der Fluxus oder fluxus fluxorum genannt werden – von Beuys zusammen, und sie haben infolgedessen den Charakter der Zufälligkeit. Zufälligkeit ist aber der Eh­rentitel des Endlichen. Zufälligkeit ist das, womit Humor zusammenhängt, womit Sa­tire zusammenhängt. Zufälligkeit ist das, womit der Tod zusammenhängt. Zufällig ist das Kontingente, das nicht aus sich her­ aus Notwendige. Hier sind Geschehnisse von einem signifikativen Rang – hat man den Eindruck – in diesen Objekten, sozu­sagen für ganz kurz fixiert, eingefroren, sie können jederzeit aufgetaut werden, oder man hat das Gefühl, sie können sich jeder­ zeit verwandeln. Und auch hier wieder: sie erheben nicht den Anspruch, für immer auf­ gehoben zu werden. Sie sind Zeichen für unsere zufällige menschliche Existenz, für die conditio humana, die condition humaine.

Ein Fünftes, das mir in die Augen fällt, ist folgendes: Beuys beschäftigt sich mit dem Gemeinen, nicht im Sinne des Ordinären, nicht im Sinne des moralisch Gemeinen, aber im Sinne des ganz Gewöhnlichen. Er verwendet nicht nur kein Gold, und er ver­wendet auch nicht sonstige klassische Kunst–Stoffe, die immer wieder von Klas­sizisten so geliebt werden, etwa den Mar­mor oder dergleichen. Er könnte ihn auch verwenden. Es ist kein Einwand dagegen. Aber de facto kann bei ihm alles Kunst werden, alles ist kunstwürdig. Es kann ein verfaultes Holz sein, es kann eine ganz gewöhnliche Seife sein, es kann ein biß­chen Puder sein, es kann eine Wurst sein, etwas X-beliebiges. Aber er neigt sich her­unter, neigt sich ganz bewußt zu den ge­wöhnlichen trivialen Dingen des Alltags. Er entdeckt damit die Lüge, die in allem Edlen, oder angeblich Edlen, vorhanden ist. Es hat eine Zeit gegeben – sie liegt einige Jahrzehnte, zwei bis drei Jahr­zehnte zurück – in der wir gehört haben, daß es bestimmte Völker geben soll, die erbadelig sind. Und immer wieder wird die Lüge von dem nativen Adel in der Welt wiederholt. Beuys kennt das nicht, er braucht das auch nicht, sondern die Dinge werden dadurch geadelt, werden dadurch gehoben, werden in den Rang des Geisti­gen, sogar des Spirituellen erhoben da­durch, daß sie eben von seinem geistigen Anspruch und von seinem Griff verwandelt werden. Wenn das Edle schon vorhanden ist, wozu bemüht man sich noch darum, soll man das Edle noch einmal veredeln? Es ist also überflüssig, daß es als solches vor­handen sei. Es geschieht hier jene Erobe­rung auch in seinen Artefakten, die die zeitgenössische Kunst so auszeichnet. Der Ambitus von Kunst ist unerhört erweitert worden in den letzten hundert Jahren. Man hat Jahrtausende nicht geahnt, was alles Kunst sein kann und wessen sich Kunst bemächtigen kann. Es sind heute Kritzeleien, denen sich die Kunst bemächtigt hat, auf irgendwelchen dunklen Orten, und es sind lächerliche Maschinchen, deren sich die Kunst bemächtigt hat, Kinderzeichnun­gen, lrrenzeichnungen oder was es auch sonst sei; Naives, Unbeholfenes, Triviales. Es ist also das Spirituelle und nicht das Material. Es ist nicht ein würdiges Sujet, das vorhanden ist, sondern es ist der Akt des Sich-bemächtigens der Dinge, der das Würdige darstellt.

Ein Sechstes ist ganz evident : Das, was Beuys uns bietet, hat einen bedrückenden Charakter, etwa wie eine Lesung von Gleichnissen Kafkas. Die ganze Vergeb­lichkeit, die ganze Morbidität, die ganze Hinfälligkeit, die ganze Zufälligkeit, die ganze Sinnwidrigkeit, die im Dasein sein kann, dessen wird man hier ansichtig. Beuys ist ohne Zweifel kein Progressist. Er gehört der alten Welt an, unserer alten, überalterten, senilen Welt mit ihrer Weis­heit. Er ist nicht so naiv, wie amerikanische Künstler sein können. Er ist nicht so naiv; er kann zwar auch Plastik verwenden wenn er will; aber er macht etwas anderes daraus. Es wird nicht etwas, von dem man glaubt, es bricht ein neues Zeitalter an. Wenn man will, ist es eine düstere Welt, aber es ist eine faktische Welt ohne Be­hübschung. Es ist die Empirie, es werden keine Paradiese uns vorgezaubert. Die Kunst hat immer wieder der Verführung gedient, auch der politischenVerführung. Aber er ist deshalb kein Nihilist, er ist kein Anarchist, er hat keinen Haß gegen das Seiende. Er ist nicht wütend über die Schöpfung. Ein Literat, ein amerikani­scher, Thomas Wolfe, wurde einmal ge­fragt: ,,Sagen Sie einen Satz, der Ihr gan­zes Werk enthält." Da hat er gesagt: ,,Ich habe eine Wut !" Beuys hat keine Wut auf die Dinge. Er kann sich unendlich bemü­hen um das Kleine. Es ist genau dieselbe unendliche Liebe zum Kleinen und Ein­fachen bei ihm wie etwa in Dürers Zeich­nungen und Aquarellen, von dem Häschen, bei dem jedes Haar gezeichnet ist, oder von der Akelei oder irgendeinem Rasen­stück. Beuys ist kein Protestierer gegen das Faktische der Schöpfung; aber er halt verstanden, daß uns die Schöpfung nir­gends vorliegt. Wenn wir in der Genesis lesen, daß Gott gesagt hat: ,,Es ist gut ", daß er es jeden Tag gesagt hat, und wenn er am letzten Tag, wo der Mensch erzeugt wird, sagt „ Es ist sehr gut ", dann müssen wir sagen: Das liegt uns nicht vor! Unsere empirische Welt ist eine korrupte Welt, ist eine vom Tod durchsetzte Welt und gezeichnete Welt, und es ist eine Welt des Fressens und Gefressenwerdens. Es ist an und für sich eine aussichtslose Welt, es ist eine Gefängniswelt, das hat schon Platon gesehen in seinem Höhlengleich­nis, es ist eine Schattenwelt; es ist eine Welt, die eine Wüstenwanderung ist, in exitu Israel de Aegypto, Auszug Israels aus Ägypten, so heißt es in einem Vers, in einem Psalmvers. Das, was hier verstan­den zu sein scheint, ist vielleicht etwas, was – ich weiß es nicht – Beuys vielleicht gar nicht gelesen hat, – ich hüte mich, mit Künstlern über ihre Kunst zu spre­chen –, was im Philipperbrief des Paulus, in diesem großartigen Hymnus, festgelegt ist: ,, Der, der in der Gottesgestalt weilt, er hat sich ausgegossen, er hat sich sei­ner selbst entäußert, und er hat die Ge­stalt des Sklaven angenommen, und er ist im Äußeren erfunden worden als Mensch." Das ist die Knechtsgestalt. Und dieses Motiv ist nichts anderes als das Motiv des Gehorsams bis zum Tode, des Gehorsams gegenüber der faktischen Welt, des Durchstehens gegenüber der faktischen Welt. Allerdings mit jener ei­genartigen Gläubigkeit, die die Künstler von Natur aus haben, oder von Beruf aus haben oder – wie man sagen will – aus Notwendigkeit, aus innerer. Es ist ganz gleich, was sie machen – und wenn es literarisch noch so verzweifelt wäre – dadurch, daß es Kunst ist, ist es ein Werk des Glaubens und der Hoffnung.

Ein Siebentes fiel mir ein angesichts die­ser Dinge : Beuys macht happenings oder Aktionen, Fluxus; es sind Ereignisse, es sind Geschehnisse – to happen heißt sich ereignen. Aber es ist etwas Fluktuieren­des, es ist der Fluß unseres Lebens, der in den Tod mündet. Alles, was existiert, ist des Todes wärts; der Tod ist das Ziel, alles Denken ist eine Wissenschaft vom Tode, und es liegt ein tödlicher Ernst in diesen Dingen. Mag vielleicht eine Alliteration an Humor sein, vielleicht dieser Blitz, dessen Spitze abgestumpft ist mit Filz – vielleicht. Aber vielleicht ist das auch nur ein Zeichen von Vergeblichkeit, und daß dieser tödliche Ernst vorhanden ist, des Fließens der Dinge, des panta­rhei, aber nicht im Sinne des alten Hera­kleitos, sondern in dem Sinne des tatsäch­lich auf ein Ziel zu Ende Gehens; jeden­falls ist es unser individuelles Leben, und die Physiker haben es sich ausgerechnet, die Astronomen haben es sich ausgerech­net, daß es mit unserem Sonnensystem genauso ist, und damit ist eben das ganze Weltall liquidiert; denn, was nutzen uns diese ganzen sinnlosen Himmelskörper, deren es Milliarden und Millionen geben muß? Ich weiß gar nicht, welche Zahlenwerte das hat. Das ist auch ganz uninter­essant, wenn dort kein Herz ist, wenn dort kein Geist ist, wenn dort kein Gewissen ist, wenn da keine Liebe ist, wenn das alles nicht vorhanden ist. Alle Astronauten werden nichts finden, wenn sie sich noch so bemühen. Interessant für Physiker, aber eigentlich uninteressant für Philoso­phen oder Theologen. Diese Fluktuation hindert, daß irgend etwas verkultet wird, daß etwas verabsolutiert wird, sie verhin­dert den Triumphalismus, und das ist unge­heuer wichtig; denn das sind die gro­ßen Lebenslügen und die großen Polit­lügen. Das schafft den neuen Hitler und Stalin, das schafft den absoluten neuen Staat, das schafft den nächsten Welt­krieg; und das Fluktuierende, das Ge­brochene, das Vergebliche, das Kontin­gente, das Todbehaftete, das ist es, was die falschen Absolutheiten verhindert. So gibt es also hier keinen Kult des Lebens, aber es gibt – Gott sei Dank! – meine Da­men und Herren, auch nicht den scheuß­lichsten von allen Kulten, den moloch­artigsten aller Kulte, nämlich den des To­des, den Tod zu empfinden als eine Eksta­se, den Tod zu empfinden als einen heroi­schen Triumph. Das war ja die Ideologie, deren sich der Nazismus bedient hat, etwa die Ideologie eines Ernst Jünger oder ähn­licher Figuren, und in gewisser Hinsicht sogar die Ideologie eines Nietzsche; son­dern der Tod wird hier nicht triumphali­stisch, sondern als ein Faktum gesehen.

Dann frage ich mich noch achtens: Ist Beuys ein Mystiker? Wenn man unter Mystiker einen Ekstatiker versteht, der aus sich herausgerissen ist, wenn man das versteht in einem Sinne, wie es nicht ohnehin einem jeden Künstler zukommt, der eben mehr sieht als wir, der per De­finition ein Visionär ist, so würde ich sagen, im Sinne – nicht wahr – eines solchen Enthusiasments ist er es nicht. Natürlich ist er ein Visionär. Er sieht sehr viel. Er sieht die Realität, mit der er sich pausenlos konfrontiert und auseinandersetzt. Er ist sicher kein Mystiker im falschen Sinne des Wortes, im Sinne der Zauberei, im Sinne der Magie, im Sinne also des Versuches, mit irgendwelchen Zeichen und Praktiken und Aktionen den Hintergrund, den Seinsgrund und das Absolute in den Griff zu bekommen. Denn das ist eine contradictio in terminis. Aber wenn Sie wollen, ist er niederdeutscher Mystiker, so, wie wir sie aus der Geschichte kennen, ein Mystiker der Existenz des Menschen, der weiß, daß die Existenz des Menschen mit dem Problem seiner Transzendenz verbunden ist, und je mehr der Mensch in seiner Bedingtheit gesehen wird, und je mehr der Mensch gesehen wird als das Wesen, das sich ständig der Todesgrenze nähert und das ihm ständig ausgesetzt ist, desto mehr wird das Korrespondente des Transzendenten hervorgerufen.

Und zuletzt, meine Damen und Herren, neuntens, muß ich noch einen Vorwurf entkräften, der Beuys gemacht werden könnte, und er ist schon gemacht worden, nämlich: daß Beuys im Grunde genommen doch ein Ästhet sei, daß alle diese Dinge, die uns so existentiell vorkommen, so schrecklich, das Herz so angreifend, so quälend, mit denen man eigentlich auf die Dauer nicht zusammenleben kann, so ähnlich, wie man in einer Folterkammer nicht auf die Dauer leben kann, mit Gru­seln besichtigt man sie, könnte man mei­nen, daß das alles nur Vorwand ist. Vorwand für eine – sagen wir – höhere oder, nein – sagen wir – vielleicht raffiniertere Ästhetik. Wenn Sie unter Ästhetik, meine Damen und Herren, ein Glasperlenspiel, ein Unverbindliches verstehen, etwas, was in sich selbst spielt, dann ist Beuys meiner Ansicht nach kein Ästhet. Es gibt eine Ästhetik, die mit Kunst nichts zu tun hat. Jedes geometrische Gebilde ist ästhetisch. Die Natur ist vielfach ästhe­tisch, ist unübertrefflich ästhetisch, und in diesem Wettlauf werden wir immer zu­rückbleiben. Wenn die Künstler nichts an­deres machen wollen, als die Natur und ihre Ästhetik einzuholen, werden sie immer scheitern, werden sie selbst ent­täuscht werden, werden sie zur Verzweif­lung getrieben werden – wenn sie auf­richtig sind – werden sie sich lächerlich machen; aber es gibt eine Ästhetik, die nichts anderes ist als ein Gebilde geisti­ger Ordnung, das heißt, als ein Sinnge­bilde. Es gibt eine Ästhetik, die protestiert gegen die Verzweiflung, gegen die abso­lute Verzweiflung, nicht die gute Verzweif­lung, die man braucht, um über sich selbst hinauszugeraten, nicht die Kierkegaard­sche Verzweiflung, sondern die absolute Verzweiflung, die nicht nur keinen Weg weiß im Sinne des Agnostizismus, sondern die die Behauptung, die ungebührliche und durch nichts zu beweisende Behaup­tung aufstellt, daß dem Menschen nicht geholfen werden könnte und daß er eine contradictio in se sei und daß er die Er­findung eines grausamen Intellektes sei, ein einziger Hohn, eine einzige Satire, eine einzige Bosheit. Gegen das protestiert das Ästhetische. Das Ästhetische ist nichts anderes als eine geistige Wahrheit, das heißt, eine geistige Realität. Wenn in der mittelalterlichen Philosophie gefragt wurde: Was ist das Schöne?, so wurde darauf – etwa von Thomas – geantwortet: splendor veritatis. Das Hervorbrechen, das leuchtende Hervorbrechen der Realität, der Wirklichkeit, der Veritas. James Joyce, der Jesuitenschüler war, wenn er auch in seinem späteren Leben davon in welt­anschaulicher Hinsicht wenig Gebrauch gemacht hat, so doch in seiner Ästhetik, hat gelernt, daß das Schöne ein Akt der Epiphanie ist. Man könnte es auch heideg­gerisch ausdrücken. Man könnte auch sa­gen, es ist ein Akt der Selbsterschließung, der Lichtung des Seins, in dem sich das Sein dem Intellekt anbietet. Aber nicht nur dem Intellekt anbietet, nicht nur als eine Realität, sondern die Realität in ihrer gan­zen Herrlichkeit, in ihrem ganzen Glanz, in ihrer ganzen Überzeugungskraft, ja, man möchte sagen, in ihrer ganzen Positivität. Und so könnte man vielleicht sagen, da es ja auch den mittelalterlichen philosophi­schen Satz gibt: ,,ens et bonum et verum convertuntur", daß diese Prädikamente des Seins vertauscht werden können, be­liebig vertauscht werden können, daß al­les Seiende wahr ist und alles Seiende gut ist, könnte man ebenso sagen, daß im Ästhetischen das splendor bonitatis wie veritatis ist: der ausbrechende Glanz, das Lichtwerden, das Durchsichtigwerden, das Luzidwerden, das Diaphanwerden und das Epiphanwerden der letzten hintergründi­gen Güte des Seins. Der Künstler befindet sich ja in einer ganz eigenartigen, unauf­hebbaren Dialektik, zerreißenden Dialek­tik. Auf der einen Seite will er ganz reali­stisch sein, ganz empirisch sein, ganz wahr sein, ganz geschichtlich sein, will er den Dingen in die Augen sehen, will er die Faktizitäten wahrhaben, will er nicht utopisch sein – gerade der Künstler von heute. Auf der anderen Seite aber sieht er gläubig und sieht er voller Hoffnung eine Möglichkeit, ja, er realisiert eine Möglich­keit des Sinngebildes. Alles ist korrupt in dieser Welt, sogar die Heiligen sind Sünder; alles ist korrupt in dieser Welt, nur im Ästhetischen leuchtet eine unbegreif­liche Perfektion auf. In dieser Dialektik befindet sich der Künstler, und immer wie­der schwankt er in seinen Schöpfungen, und immer wieder ist er in Versuchung, das Ästhetische in diesem letzten Sinne zu vertauschen mit dem Gefälligen, mit dem Angenehmen, mit dem, was die Masse – das sogenannte Volk – will, mit dem, was uns das Dasein behübschen soll: die Lüge. Thomas hat eine Definition, noch eine andere Definition des Schönen : quod visum placet, was gefällt, wenn man es sieht, wenn man es wahrnimmt. Man könn­te es auch ganz banal verstehen, so wie etwa ,die Kunst ins Volk' könnte man ver­stehen, was den Leuten gefällt, was das Leben annehmlich macht, was Dekor ist im Leben und was uns hinweghilft; das ist ja doch die Meinung, die nie aussterben wird, daß das Leben so ernst sei und die Kunst – ach! – so heiter, so lustig sei. Nun, quod visum placet! Es ist ein tiefes inneres Genügen, das vom Kunstwerk aus­geht, ein geistiges Genügen, eine spiritu­elle Realität rührt uns an und berührt in uns eine Tiefenschicht, wühlt sie auf; es ist etwas Korrespondentes hier vorhan­den. Und von dieser Korrespondenz, mei­ne Damen und Herren, leben wir. Von der Korrespondenz zwischen dem sich lich­tenden Sein und der menschlichen Gnosis, der menschlichen Erkenntnis. Zwischen der Korrespondenz der letzten Gutheit des Seins und dem menschlichen Streben, das unseren Perfektionswunsch, Selbstperfektionswunsch, erfüllen soll, das uns die Ga­rantie gibt, daß wir noch Menschen wer­den können, die wir alle Bruchstücke, die wir alle Halbmenschen sind. Und so ist es im Ästhetischen. Es gibt uns eine tiefe Gewißheit, dieser Splendor, dieser Glanz des Ästhetischen, eine tiefe Gewißheit von einem letzten Sinn. So könnte ich sa­gen, wenn man diese Dinge sieht, die uns Beuys anbietet, mit denen er uns belästigt und quält, dann möchte ich sagen: Ecce homo, hier ist ein wahrer Mensch. Und weil er selbst noch leidet unter den Dingen und unter der Situation des Menschen, gestatten wir ihm, daß er uns belästigt und daß er uns angreift; denn seine Ausstellung ist eine Aggression.

Zum Schluß möchte ich einen Wunsch äu­ßern, den Wunsch, daß uns diese Ausstel­lung, die uns quält und aufregt und ver­folgt, vielleicht bis in unsere Träume, viel­leicht sogar bis in unser Leben hinein, daß diese Ausstellung einen Sinn haben möch­te – jenen Sinn, den Kardinal Newman als seinen eigenen Grabspruch für sein Grab niedergelegt hat: Ex umbris et imaginibus in veritatem. Die Kunst verändert den Menschen, sie verändert das Leben. Rilke hat sogar gesagt: „Wenn man das an­schaut – du mußt dein Leben ändern." Aber wir wünschen eigentlich noch eine andere Veränderung, die die Kunst nicht leisten kann, die Totalveränderung des Kosmos, daß das Stöhnen der Kreatur, daß dieser Schmerz, dieses Zerreißende, diese Geburtswehen der Kreatur endlich eine Korrespondenz finden in einem neuen Himmel und in einer neuen Erde. Ex um­ bris et imaginibus in veritatem: aus den Schatten, der Welt der Schatten und der Bilder zur Wirklichkeit, zur Wahrheit.

KASSETTENKATALOG ZUR AUSSTELLUNG

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KASSETTENKATALOG ZUR AUSSTELLUNG
BEUYS, 13.9.-29.10.1967

Schachtel aus braunem Karton, roter Aufdruck auf Deckel und Seite, geklammert, 21 × 17 × 3 cm 

Inhalt: Filzplatte, Ausstellungsheft, 2 Leporelli

Filzplatte gestempelt (Braun-kreuz): 1915,50,7 cm (untere rechte Ecke ausgeschnitten)

Heft mit Titelblatt, Verzeichnis der Werke (142 Nummern), Dank und Impressum, 8 S. auf 2 losen gefalzten Bögen, 19,5 × 15,5 cm

Leporello a: recto 10 S/​W‑Fotos von Ute Klopphaus, verso Text Joseph Beuys als Zeichner” von Hans Strelow sowie Verzeichnis der 12 Zeichnungen, die auf Leporello b abgebildet sind, 15,5234 cm (auseinandergefaltet)

Leporello b: recto 12 Reproduktionen von Zeichnungen (Fotos: Oskar Söhn), verso Text Beuys – und das weiße Kreuz von Malewitsch” von J. Cladders und Biografie von Joseph Beuys, aus: Ausst.-Kat. Science Fiction, Kunsthalle Bern 1967, 15,5210 cm (auseinandergefaltet)

Auflage: 330 nummerierte Exemplare + 5 Archiv-Exemplare

Druck u. Klischees: Graphische Kunstanstalt Schagen & Eschen, Mönchengladbach

Preis in der Ausstellung: 10 DM
Zusätzlich wurde eine Streifbandzeitung für 5 DM angeboten (ohne Filzplatte)

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Verzeichnis der ausgestellten Werke

Das Verzeichnis folgt der von Joseph Beuys erstellten Werkliste (Kassettenkatalog).

1 ohne Titel, 1949
2 Corsett, 1949
3 Bergwerk, 1949
4 Tierkopf, 1950
5 ohne Titel, 1950
6 3 Wurfkreuze mit 2 Spielstoppuhren, 1951
7 ohne Titel, 1951
8 Bienenkönigin 2, 1952
9 Bienenkönigin 3, 1952
10 Fettplastik, 1952
11 Bett, 1952
12 Schaf, 1952
13 kteïs, 1952
14 Schaf im Schnee, 1952
15 Tisch 1,1953
16 Kreuz, 1953
17 SÅ FG-SÅUG, 1953
18 Wachsplastik, 1953
19 Wachsplastik, 1953
20 2 Berglampen 1 an 2 aus, 1953
21 Stab mit 2 Hirschköpfen, 1953
22 Monument, 1954
23 Spechtplastik, 1954
24 Toter, 1955
25 Fuß, 1955
26 Fisch, 1956
27 gummierte Kiste, 1957
28 Sybille (die Gerechtigkeit), 1957
29 Messer 4, 1957
30 Taschenmesser 2, 1957
31 Badewanne, 1957
32 Transformationszeichen, 1957
33 1. Ratte, 1957
34 taktisches Zeichen, 1957
35 Hirschkopf, 1957
36 ohne Titel, 1957
37 4 Bücher aus: „Projekt Westmensch", 1958
38 Joyce-Werket, 1958
39 Chemikalien und ein Glas, 1958
40 Blaubeeren, 1959
41 magische Handlung, 1959
42 Fettdose, 1960
43 Szene aus der Hirschjagd, 1961
44 Die Hörner, 1961
45 Jungfrau, 1961
46 Transsibirische Bahn, 1961
47 U-förmige Doppel-lampe mit Hasenfett (Rollenbild), 1961
48 Speisekarte für Wenzeslaus, 1961
49 ohne Titel, 1961
50 Fettecke, 1962
51 Fetteckenwirkung: Braunkreuz, 1962
52 Samuraischwert (Wurst), 1962
53 Aktionsplastik FLUXUS, 1962
54 2 überlagerte Programme FLUXUS, 1962
55 Aggregat, 1962
56 Mundplastiken FLUXUS (Involut), 1962
57 1962 Stab des Hirschführers, 1962
58 ohne Titel, 1962
59 Batterie (Stapel), 1963
60 Blutrohr Aus: und in uns ... unter uns ... landunter, 1963
61 fettgetränkter Stapel, 1963
62 Specksteinfett-töpfe, 1963
63 Haare (Atom- Modell) und Zehennägel Aus: ..Vehicle Art", 1963
64 Antichemie (Hase), 1963
65 Stapelplastik?, 1963
66 Akku (Wurst), 1963
67 Wurfballen (plastische Grundlehre) Aus: „24 Stunden“, 1963
68 4 Hasenherzen (plastische Grundlehre) Aus: „24 Stunden, 1963
69 Fettdose zum Stechen (Akustik) FLUXUS, 1963
70 Aktionswinkel (Wurst) [Physiologie], 1963
71 Papplauf und Filzprojektil Aus: „24 Stunden“ und EURASIA, 1963
72 Schokolade mit Fußbodenfarbe bemalt, 1963
73 Sibirische Symphonie (Finale), 1963
74 Filzplastik, 1963
75 Bienen (Giocondologie), 1963
76 The 20th July Aachen Fettkiste, 1964
77 Fettecke, 1964
78 2 x 90 Grad Filzwinkel, 1964
79 Filzecke, 1964
80 tamponierte Ecken, 1964
81 Aus: Der Chef (Filz-Kupfer), 1964
82 Spaten mit 2 Stielen 2 x, 1964
83
Erdkissen mit Gestell für Ecke, 1964
84 Blitz, 1964
85 Aus: Actions / Agit Pop / De-Collage / Happening / Events / Antiart / L’Autrisme / Art Total / Refluxus 20. Juli Aachen, 1964
86 Fettfilzstapel und „Zwei Fräulein mit leuchtendem Brot“ (erster Entwurf), 1964
87 mit Fett verlängerter Spazierstock, 1964
88 + — (Wurst), 1964
89 Stapel, 1964
90 Partitur für Mausezahn-happening Düsseldorf —New York (mit Bob Morris), 1964
91 Filzrolle Aus: Der Chef, 1964
92 Filter für Filterfettecke, 1964
93 Emanator Aus: Vehicle art, 1964
94 Bodenplatte: Vier Empfänger und ein Sender, 1964
95 mit Fett verlängerter Spazierstock II, 1964
96 Aus: Actions / Agil Pop / De-Collage / Happening / Events / Antiart / L'Autrisme / Art Total / Refluxus 20. Juli 1984 Aachen, 1964
97 Hirschfuß (Filzplastik), 1965
98 90 Grad überzelteter Filzwinkel, 1965
99 34 Grad Filzwinkel-farbwinkel, 1965
100 90 Grad Filzecke, 1965
101 90 Grad Filzeckefarbecke, 1965
102 warmer Stuhl mit Filz-sohle, Eisensohle und Magnet, 1965
103 Mein und meiner Lieben verlassener Schlaf, 1965
104 Hasenstangen und Fett gefüllt mit Puder (EURASIA), 1965
105 Tantalus Aus: und in uns ... unter uns ... landunter, 1965
106 Aus: „24 Stunden", 1965
107 Imagic Line, 1965
108 Fettecke Aus: „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet", 1965
109 Fettecken in Dosen (Handgranatenwerfer), 1965
110 Eröffnung (für Ecke!), 1965
111 3 x ohne Titel, 1965
112 ELEMENT 1 und Teile von ELEMENT 2 (vollständig mit Hochspannungswechselstrom), 1966
113 Aus: Homogen für Konzertflügel, 1966
114 2 Brote, 1966
115 1966 Partitur für MANRESA
116 Homogen für Konzertflügel (Filz), 1966
117 FOND, 1966
118 Eurasienstab mit 4 x 90 Grad Filzwinkel, 1967
119 Eurasienstab mit 4 x 90 Grad Filzwinkel, 1967
120 Akustisches Instrument Aus: „Hauptstrom“, 1967
121 1967 Crying Magic Milk Bottle
122 Körper (Kupfer, Leinwand, Filz), 1967

Zeichnungen

123 Lift, 1947
124 Gebirge (Alpen), 1949
125 zwei weiße Elche, 1950
126 Alter Mann, 1950
127 Turm (geritzt), 1950
128 Fjord mit Kreuz, 1951
129 ohne Titel, 1952
130 ohne Titel, 1953
131 Hirsch, 1953
132 Wolf und Wolfsfallen, 1954
133 Doppelblatt: Hirsche (Physiologie), 1955
134 Doppelblatt: zusammengesetzter plastischer Körper, 1956
135 Doppelblatt: Antichemie, 1957
136 Astronautin, 1957
137 Doppelblatt: Erscheinungen über der Erde (Luftbild), 1958
138 Was am Hirschhorn geschah Nr. 4, 1959
139 Doppelblatt: Hirschführer bei der Arbeit, 1959
140 Hirschführerfilm (Film), 1960
141 Saturn, 1960
142 Fuß des „Chef" (FLUXUS), 1961

Kassettenkatalog

Einladungskarte / Plakat / Druckerzeugnisse

Archiv Fotografien

Archiv Audio

Archiv Dokumente / Korrespondenz

Archiv Presse

Kurzankündigungen / Meldungen

o. V., Ausstellung im städtischen Museum, in: Amtliche Mönchengladbacher Mitteilungen, 10.9.1967
o. V., o. T., in: Westdeutsche Zeitung, 14.9.1967
o. V., o. T. (Zur Eröffnung...), in: Rheinische Post, 20.9.1967
o. V., Handel mit Beuys-Katalogen, in: Rheinische Post, 20.9.1967
o. V., Schwarzmarktpreise für den Ausstellungs-Katalog. Prof. Beuys lockt Kunstinteressenten aus ganz Deutschland, in: Westdeutsche Zeitung, 20.9.1967
Dr. Wilhelm Wacker, Starkes Interesse und ungewöhnliche Besucherzahlen, Notizen zur Ausstellung von Professor Beuys im Städtischen Museum, in: Amtliche Mönchengladbacher Mitteilungen, Nr. 27, 20.9.1967
o. V., Ausstellung BEUYS, in: 7 Tage Mönchengladbach, 27.10. – 2.11.1967
o. V., Beuys-Kehraus, in: Westdeutsche Zeitung, 28.10.1967
o. V., Letzter Tag der Beuys-Ausstellung, in: Rheinische Post, 28.10.1967
o. V., 2679 Besucher, in: Rheinische Post, 30.10.1967
o. V., Museum bis zum 18. November geschlossen, in: Amtliche Mönchengladbacher Mitteilungen, 30.10.1967
o. V., o. T. (Auf der Beuys-Ausstellung...), in: Rheinische Post, 31.10.1967
o. V., Über 2500 Besucher, in: Westdeutsche Zeitung, 9.11.1967
o. V., Beuys-Katalog eine Rarität, in: Westdeutsche Zeitung, 7.12.1967

Berichte / Rezensionen / Kommentare

O. H., Es happened, in: Westdeutsche Zeitung, 16.9.1967
Helga Meister, Beuys in Mönchengladbach. Der neue Museumsleiter Dr. Cladders wird aktiv, in: Westdeutsche Zeitung, 19.9.1967
Hans Strelow, Das Bewußtsein wird erweitert. Ausstellung Joseph Beuys in Mönchengladbach, in: Rheinische Post, 22.9.1967
Peter Iden, Moralist in Grau. Zu den Arbeiten von Joseph Beuys im Städtischen Museum Mönchengladbach, in: Frankfurter Rundschau, 6.10.1967
Hans Strelow, Schulung der Sinne. Die Ausstellung Joseph Beuys in Mönchengladbach, in: Frankfurter Allgemeine, 19.10.1967
Horst-Johs Tümmers, KUNSTBÜCHER – REHCÜBTSNUK von den Nöten eines Kunstbibliothekars, in: Museen in Köln, Heft 12, 6. Jahrgang, Dezember 1967
He. Ho., Besuch bei Beuys. Eindrücke im Mönchengladbacher Museum, in: Westdeutsche Zeitung, 7.10.1967